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Editorial „Endodontie – Die Zeitschrift für die Praxis 3/2017“

Liebe Kolleginnen und Kollegen,


Prof. Dr. Christian Gernhardt, Halle/Saale

auch wenn sicherlich nicht bei allen das größte Interesse daran besteht, so finde ich es durchaus bemerkenswert und angesichts der Tatsache, dass wir ein fußballverrücktes Land sind, auch lohnenswert, einen Blick auf die Niederlande zu werfen. Dort fand kürzlich die Fußballeuropameisterschaft der Frauen statt. Aber was ist daran bemerkenswert? Die Nationalmannschaft der Frauen ist seit 1991 amtierender Fußballeuropameister. Chapeau, dies ist angesichts der ganzen weiteren Titel (Weltmeister, Olympiasieger) dieser Mannschaft eine Glanzleistung, auch wenn es in diesem Jahr nur bis zum Viertelfinale gereicht hat.

Und die Endodontie in Deutschland? Ähnlich aussichtsreich! Sie hat sich in dieser Zeit ebenfalls sehr erfolgreich als zukunftsfähiger, elementarer Bestandteil einer modernen Zahnerhaltungskunde etabliert. Die Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET) verzeichnet einen Mitgliederzuwachs im zweistelligen Prozentbereich und die Nachfrage im Hinblick auf Tagungen, qualifizierte Weiterbildung und Kurse ist weiterhin ungebremst. Die Zahl der von uns und auch den Zahnärztekammern angebotenen, meist ausgebuchten Curricula und Masterstudiengänge zeigt dies deutlich. Das Engagement der DGET beschränkt sich dabei mittlerweile nicht nur auf Fragen der postgradualen Ausbildung, sondern auch der universitären Lehre – Beispiele sind die konstruktive Mitarbeit am „Lernzielkatalog Zahnmedizin“ und die Organisation der Tagungen „Ausbildung für Ausbilder“. Jedoch sollten wir bei allen positiven Entwicklungen der Endodontie – wie in Teilen erst kürzlich auch von Prof. Schäfer in einem Editorial beleuchtet – einen Sachverhalt gerade im Vergleich zum Erfolg der Frauennationalmannschaft nicht aus den Augen verlieren: Diese positiven Entwicklungen spiegeln sich leider derzeit immer weniger im Nachwuchsbereich an den Universitäten wider. Im Frauenfußball scheint dies anders zu sein. Der langjährige Erfolg lässt sich nur mit ausgezeichneter Nachwuchsarbeit über einen so langen Zeitraum realisieren. Wie sieht es in der Endodontie aus? Hier gibt es kaum noch junge Kolleginnen und Kollegen, die sich im universitären Bereich der Endodontie zuwenden. Dies mag auch an den fehlenden Perspektiven liegen: Es gibt kaum noch endodontisch geprägte Lehrstühle und eine Sektion für Endodontie ist an den meisten Standorten ebenfalls nicht mehr vorgesehen. Damit die Endodontie auch in Zukunft erfolgreich bleibt und eine nachhaltige Entwicklung nehmen kann, sollten wir auch als Fachgesellschaft gemeinsam mit den Universitäten daran arbeiten, diesen Trend umzukehren und wachsam sein.

Zurück zum Frauenfußball: Die erneute Titelverteidigung ist nicht möglich gewesen. Die Bundestrainerin sieht dies als Beleg für die gewachsene Bedeutung und die Aktivitäten in den europäischen Nachbarländern, die auch aufgrund von gezielter Nachwuchsarbeit stark aufgeholt haben. Aber sie bezeichnet ihre Mannschaft auch als sehr jung und daher noch nicht so eingespielt wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Aber nur so geht es im Fußball – die sogenannten „Goldenen Generationen“ gehen und die jungen Spielerinnen müssen erst wachsen. Man kann auch diesen Punkt wieder auf die DGET übertragen: Betrachtet man die Verantwortlichen in der DGET, so fällt auf, dass hier Nachwuchs und junge Kolleginnen und Kollegen fehlen oder nicht eingebunden wurden. Viele Angehörige des jetzigen Vorstands nehmen ihre Funktion seit vielen Jahren, manche bereits seit „Jahrzehnten“ wahr. Wir sollten vom Fußball lernen und akzeptieren, dass Verjüngung vielleicht erst einmal harte Arbeit oder auch Rückschläge bedeutet, aber am Ende neue, wichtige und interessante Impulse liefert, die die erfolgreiche Zukunft der DGET und der Endodontie sichern. Und wenn wir schon einmal bei diesem Thema sind, fällt ein weiterer Punkt beim Vergleich mit der erfolgreichen Nationalmannschaft der Frauen auf: Wo sind eigentlich die Damen in unserem Fach? Wir haben unzählige Absolventinnen von Kursen und Curricula, viele Masterstudiengangsabsolventinnen und dennoch ist die DGET seit ewiger Zeit im Vorstand rein von Männern repräsentiert. Ähnlich wie Unternehmen sollten wir endlich moderne Wege beschreiten und ich möchte auf diesem Wege alle Damen, die sich für die Endodontie begeistern, dazu einladen: Beteiligen Sie sich! Wir können und werden alle davon profitieren.

Bei allen Herausforderungen möchte ich jedoch auch den Bogen zu den internationalen Entwicklungen spannen. Vor dem Hintergrund der weltweiten gesellschaftlichen und politischen Ereignisse, die manch einem von uns Sorgen bereiten, möchte ich einen Gedanken, der mich persönlich als Hochschulangehöriger und Präsident der DGET seit geraumer Zeit umtreibt, näher beleuchten.

Gerade im Hinblick auf die jüngsten internationalen Nachrichten – erst kürzlich wurden wieder viele Professoren, Angehörige von Universitäten und Menschen, die sich in unterschiedlichster Weise für etwas engagieren, aus politischen Gründen entlassen, beurlaubt oder gar inhaftiert – können wir in Deutschland die Situation an den Universitäten und in den Fachgesellschaften gar nicht hoch genug einschätzen. Wir können unabhängig von Religion, politischer Ansicht und Geschlecht frei forschen, lehren, internationale Kooperationen eingehen, an den Entwicklungen unseres Fachgebiets mitarbeiten und uns sogar an politischen Prozessen aktiv beteiligen – teilweise konstruktiv kritisierend oder auch mahnend. Dies ist in der heutigen Zeit ein wichtiges Gut und dass wir dies ohne Angst vor Repressalien in einem seit vielen Jahrzehnten friedlichen Europa in Kooperation mit vielen Partnern tun können, ist sicherlich angesichts der Entwicklungen nicht mehr nur selbstverständlich. Dies sollten wir bei aller Kritik an den universitären Entwicklungen und Einrichtungen in unserem Land immer auch respektvoll und dankbar vor Augen haben und mit aller Kraft dafür Sorge tragen, dass dies im Kontext eines freien und demokratischen Europas auch in Zukunft nicht aufs Spiel gesetzt wird, weiterhin möglich bleibt oder gar noch ausgebaut wird.

Persönlich wünsche ich Ihnen bei der Lektüre dieser Ausgabe viel Spaß und hoffe, dass Sie viele interessante Aspekte für die tägliche Arbeit in Ihrer Praxis verwenden können. Ich freue mich, Sie auch im Namen des gesamten Vorstands zum nächsten „Trainingslager“ in Sachen Endodontie, der 3. gemeinsamen Jahrestagung der DGZ/DGET am 24. und 25. November 2017 nach Berlin einladen zu dürfen (www.dget.de).

Ich wünsche uns allen ein friedliches, gutes und erfolgreiches 2. Halbjahr 2017, einen erlebnisreichen und inspirierenden Kongressherbst und alles Gute für die Zukunft. Der Frauennationalmannschaft wünsche ich für die Zukunft alles Gute und ich bin sicher, dass sie sehr bald wieder um Titel mitspielen wird.

Ihr

Prof. Dr. Christian Gernhardt, Halle/Saale

Die Abstracts aller Beiträge des aktuellen Hefts und weiterführenden Links zu den früheren Ausgaben finden Sie hier.

Bibliografía: Quintessence Publishing Endodontie

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