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Erster Entscheid im Kanton Waadt gescheitert, aber Pläne auch in anderen Kantonen

In der Schweiz müssen die Bürger für Zahnarztbehandlungen in der Regel komplett selbst aufkommen und sich privat absichern – ein System, mit dem die Zahnärzte dort, aber auch viele Bürger durchaus zufrieden sind. Doch gibt es immer wieder Initiativen, eine obligatorische Zahnversicherung einzuführen. Ein Bürgerentscheid im Kanton Waadt ist jetzt gescheitert, aber in anderen Kantonen laufen ähnliche Initiativen.

Die Zahngesundheit in der Schweiz gilt allgemein als gut, die Prävention und die Qualität der zahnmedizinischen Versorgung ebenfalls. Die Zahnärzte legen die hoch angesetzten Qualitätsstandards ihrer Arbeit selbst nach rein medizinischen Kriterien fest.

Zahnärzte setzen selbst hohe Standards

Die Schweizer Zahnärztegesellschaft SSO hat die Qualitätsdiskussion schon um die Jahrtausendwende selbst engagiert in Angriff genommen. Für alle zahnmedizinischen Behandlungen wurden Qualitätsstufen von A+ (sehr gut) bis D (ungenügend) und Qualitätsleitlinien festgelegt und von der Mitgliederversammlung verabschiedet. Die Stufe D wurde schon vor Jahren wieder gestrichen, weil in der Praxis nicht existent. Die Leitlinien werden ständig aktualisiert und dienen wegen ihrer Qualität auch an vielen deutschen Universitäten als Lehrmaterial.

Initiativen in mehreren Kantonen

Schon in der Vergangenheit gab es verschiedentlich Initiativen, eine obligatorische Zahnversicherung einzuführen. Aktuell sind auch in den Kantonen Neuenburg, Genf, Tessin und Wallis Initiativen hängig, die sich am Waadtländer Original orientieren oder mit diesem sogar identisch sind, wie die NZZ berichtet. Entscheidungen/Bürgerentscheide werden allerdings frühestens 2019 erwartet.

Argumentiert wird von den politisch laut NZZ eher links verorteten Initiatoren und Befürwortern einer solidarischen Absicherung unter anderem damit, dass Menschen wegen der Kosten auf notwendige Zahnbehandlungen verzichten. Harte Zahlen dazu, wie viele Menschen dies betrifft, gibt es aber nicht. Im Kanton Waadt nannten die Befürworter einen Anteil von 10 Prozent. Auf Bundesebene seien es nur 2,7 Prozent, argumentierten die Zahnärzte.

Niederlage im Kanton Waadt

Im Kanton Waadt in der Westschweiz stimmten am 4. März 2018 nun 57,7 Prozent der Bürger gegen die Einführung einer Zahnversicherung. Interessant ist, dass die obligatorische Versicherung dort sogar von der Regierung unterstützt wurde, nachdem ein Gegenvorschlag des Gesundheitsministers Pierre-Yves Maillard, der eine Sondersteuer auf zuckerhaltige Getränke enthielt, im Kantonsparlament gescheitert war. Der Minister erklärte, wenn mehr als 42 Prozent für eine Zahnversicherung gestimmt hätten, zeige dies, „dass im Bereich der Zahnmedizin ein echtes Unbehagen vorhanden ist“, so die NZZ. Sein Vorschlag soll im Parlament weiter diskutiert werden. Auch die Befürworter einer solidarischen Zahnversicherung geben nicht so rasch auf, es werde vermutlich mehrere Anläufe brauchen, um hier etwas zu verändern.

Zahnärzte klar gegen obligatorische Versicherung

Die Zahnärzte hatten sich klar gegen eine obligatorische Zahnversicherung positioniert: Man wolle damit das Schweizer Erfolgsmodell in der Zahnmedizin bewahren und stärken. „Heute müssen die Patienten meistens ihre Zahnarztkosten selber bezahlen. Dafür reden sie mit: Patient und Zahnarzt entscheiden gemeinsam, welche Behandlung nötig und sinnvoll ist. Wenn eine Versicherung für die Behandlung aufkommt, bestimmt sie auch mit, was im Mund des Patienten geschieht. Die Therapiefreiheit wäre gefährdet“, so die SSO.

Das heutige System belohne die Patienten, die ihre Zähne gut pflegen. Wer die Mundhygiene vernachlässige, spürtedie Konsequenzen im eigenen Portemonnaie. „Mit einer obligatorischen Zahnversicherung fiele dieser Anreiz weg. Die Gesamtkosten der Zahnmedizin würden steigen – auch die Steuer- und Lohnabgaben“, argumentierten die Zahnärzte.

Prävention und Schulzahnpflege könnten gefährdet sein

Zudem bestünde die reelle Gefahr, dass Kantone und Gemeinden bei der Prävention geizen, zum Beispiel in der Schulzahnpflege. „Warum sollte noch für Prävention gesorgt werden, wenn die Versicherung die Behandlung der Zahnschäden übernimmt? Die Schulzahnpflege bildet schweizweit die wichtigste Grundlage für die zahnmedizinische Betreuung von Kindern und Jugendlichen: Sie gibt allen dieselbe Chance, ihre Zähne ein Leben lang gesund zu erhalten. Auch dank dieser flächendeckenden Prophylaxe in Schweizer Schulen ist Karies bei Kindern in den letzten 50 Jahren um 90 Prozent zurückgegangen. Das zeigt, dass das bestehende System funktioniert“, so die SSO.

Armutsgefährdete Personen könnten schon heute finanzielle Unterstützung für Zahnbehandlungen beantragen, egal ob sie Sozialhilfe in Anspruch nehmen oder nicht, heißt es zum Kostenargument der Befürworter. Auch Hilfswerke und spezielle Fonds gewisser Wohngemeinden können Betroffene finanziell unterstützen.

„Das heutige System der Zahnpflege in der Schweiz ist ein bewährtes Erfolgsmodell zugunsten der Patienten und der Volksgesundheit in unserem Land. Eine obligatorische, dirigistische Zahnversicherung beeinträchtigt die Qualität der persönlich abgesprochenen, individuellen Zahnbehandlung. Die schweizerische Zahnmedizin ist erfolgreich und sozial. Sie braucht kein teures Versicherungs-Obligatorium.“ MM

Titelbild: Blick von Montreux am Genfer See im Kanton Waadt. (Foto: Roman Babakin/shutterstock.com)
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