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BÄK fordert: Vor-Ort-Apothekengesetz nachbessern – Freie Ärzteschaft sieht Verhältnis zu Apotheken gefährdet – Apotheker feiern den Erfolg

(c) Chris Redan/Shutterstock.com

„Patienten sind keine Kunden und Apotheken keine Arztpraxen-to go. Die Beratung in der Apotheke kann die ärztliche Diagnose und Therapieempfehlung nicht ersetzen, auch nicht ansatzweise.“ Mit diesen Worten kommentierte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt am 15. Juni 2022 den Schiedsspruch zwischen Krankenkassen und Apotheken zu sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen in Apotheken.

„Die vorgesehenen Dienstleistungen in den Apotheken werden ohne echten Mehrwert für die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten bleiben und eher zu Reibungsverlusten und Abstimmungsstörungen führen“, warnte er.

Bestimmte Beratungsleistungen denkbar

Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer
Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer
Foto: BÄK
Es seien bestimmte Beratungsleistungen durch Apotheker vor Ort denkbar, dies aber nur in einem strukturierten und in das ärztliche Behandlungsgeschehen eingebetteten Verfahren. Außerdem könnten die knapp 19.000 Apotheken in Deutschland im Vergleich zu rund 150.000 Haus- und Facharztpraxen schon zahlenmäßig nur einen eher geringen Beitrag zum Versorgungsgeschehen leisten. „Der Schiedsspruch ist das Resultat eines Webfehlers des Vor-Ort-Apothekengesetzes, vor dem die Ärzteschaft seit langem gewarnt hat“, sagte der Bundesärztekammer-Präsident.

Höhe der Vergütung im „krassen Missverhältnis“

Die mit dem Gesetz geschaffenen Möglichkeiten für pharmazeutische Dienstleistungen in der Apotheke führten zur Doppelerbringung und Doppelhonorierung von Leistungen und dadurch zu Nachteilen für das solidarisch finanzierte Gesundheitssystem in Deutschland. „Die Höhe der Vergütung steht darüber hinaus in einem krassen, nicht zu verantwortenden Missverhältnis zur Vergütung vergleichbarer ärztlicher Leistungen. Für Beratungsleistungen erhalten Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Quartalspauschale nicht einmal ansatzweise so viel, wie nun für Apotheker pro Beratungsgespräch veranschlagt wird. Dieses Missverhältnis muss bei den kommenden Honorarverhandlungen ausgeglichen werden“, forderte Reinhardt. Zudem sei der Schiedsspruch definitiv das falsche Signal, um Ärztinnen und Ärzte für die Niederlassung, gerade auch auf dem Land zu gewinnen.

Substitution ärztlicher Leistungen ist der falsche Weg

Reinhardt forderte den Gesetzgeber auf, das Vor-Ort-Apothekengesetz auf den Prüfstand zu stellen und nachzubessern: „Wir unterstützen die Bemühungen, die Apotheken vor Ort auch als Ansprechpartner für Patientinnen und Patienten zu stärken. Die Substitution ärztlicher Leistungen ist aber der falsche Weg. Die Patientinnen und Patienten in Deutschland haben Anspruch auf medizinische Beratung auf einem hohen haus- und fachärztlichen Niveau. Die Regelungen zu pharmazeutischen Dienstleistungen in Apotheken sind deshalb ersatzlos zu streichen.“

Heftige Kritik von der Freien Ärzteschaft

Heftige Kritik kam auch von der Freien Ärzteschaft. Sie sieht den ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als Verantwortlichen für diese „gefährliche Fehlentwicklung.“ „Diese Substitution ist ein Paradigmenwechsel, dessen Sinnhaftigkeit man hinterfragen muss“, sagte Wieland Dietrich, Dermatologe aus Essen und Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ) am 16. Juni 2022. „Denn die Kompetenz für diese neuen Beratungsleistungen fehlt eindeutig.“

Bis zu 90 Euro sind viel mehr als für die ärztliche Leistung

Gleichzeitig sei die Bezahlung von bis zu 90 Euro ein Vielfaches von dem, was die Krankenkassen für die gesamte Behandlung in einer Arztpraxis im Quartal bezahlen. „Das Geld scheint also vorhanden zu sein, trotz der ständigen Hinweise auf die drohende, milliardenschwere Beitragslücke in der Gesetzlichen Krankenversicherung“, so Dietrich. „Da müssen sich die Verantwortlichen  nicht wundern, dass in Deutschland in vielen Regionen Arztpraxen inzwischen einfach nicht nachbesetzt werden.“

Milliarden in die Kassen der Versandapotheken

„Lauterbachs Amtsvorgänger Spahn hat mit seinen Gesetzen der Lobby der Online-Versandapotheken aus dem Ausland ein Geschenk nach dem anderen gemacht“, sagt Dr. Silke Lüder, niedergelassene Allgemeinärztin aus Hamburg und Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft. „Spahn forcierte die Fernbehandlung über Telemedizinfirmen und mit ihnen verbundene Onlineapotheken mit Hilfe des geplanten E-Rezepts.“ Völlig klar sei, dass die Umleitung über das E-Rezept, welches zunächst auf lange Sicht zusätzlich auf Papier mit einem QR Code ausgestellt werde, Milliarden Euro in die Kassen der Online-Versandapotheken wie Doc Morris spülen wird, so Lüder. Zum Ausgleich bekämen die Apotheken vor Ort nun die Berechtigung, ärztliche Aufgaben zu übernehmen. Allerdings nicht zu den Dumpingpreisen, die Ärzte dafür bekommen.

Gutes Verhältnis zu den Apotheken gefährdet

„Wir Praxisärzte hatten bisher immer ein sehr gutes Verhältnis zu den benachbarten Apothekern. Es ist schade, dass dieses jetzt massiv belastet wird durch das vergiftete Geschenk der neuen Pharmazeutischen Dienstleistungen (PDL). Auch diese sind gedeckelt und budgetiert und gerade von vielen kleinen Apotheken nicht umsetzbar“, so Lüder. Die Einführung der „PDL“ knüpft an das Recht auf Impfungen in den Apotheken an, auch hier wurde bereits eine ärztliche Leistung torpediert.

Für kleine Apotheken der nächste Killer

„Es ist ein schlechtes Ei, welches den Apotheken von ihrer eigenen Führung in Kooperation mit der Politik ins Nest gelegt wurde“, so die FÄ. Diese Politik gegen die Ärzteschaft werde sicher nicht dazu führen, dass die Kooperation von Ärzten und Apothekern vor Ort verbessert werde, ganz im Gegenteil, so Lüder. Und damit könnte das E-Rezept über die Online-Versender schnell zu einem Killervirus für kleine Apotheken werden. Den Patienten kann man von dieser Pseudobehandlung in den Apotheken jedenfalls nur abraten, so die FÄ.

Apotheker begrüßen neue Möglichkeiten

Vonseiten der Apotheker zeigte man sich überwiegend sehr erfreut über den Schiedsspruch zu den Vergütungen der neuen Pharmazeutischen Dienstleistungen. Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, erklärte: „Wir haben lange für die pharmazeutischen Dienstleistungen gekämpft und verhandelt. Jetzt gibt es ein gutes Leistungsportfolio, das die Apotheken auch im Interesse der Patienten umsetzen können, ohne dass es dazu einer ärztlichen Verordnung bedarf.“

„Das ist ein Meilenstein für die Patientenversorgung. Mit den neuen Leistungen können wir Versorgungsdefizite beheben und die Effizienz der individuellen Arzneimitteltherapie verbessern“, äußerte sich Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Allerdings können nicht alle Apotheken alle Leistungen ohne Voraussetzungen anbieten. Dazu erklärte Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer: „Alle pharmazeutischen Dienstleistungen werden qualitätsgesichert erbracht. Die Bundesapothekerkammer hat für Apothekenteams passende Hilfestellungen erarbeitet. Für einige Dienstleistungen sind spezielle Fortbildungen nach Vorgaben der Bundesapothekerkammer zu absolvieren. Deswegen kann es sein, dass nicht alle Apotheken sofort alle Dienstleistungen anbieten können. Als Patient fragt man am besten einfach bei seiner Apotheke nach, welche angeboten werden.“

Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Dr. Uwe Axel Richter: „Denn sie wissen, was sie tun“

 

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