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HZI-Forscher identifizieren potenzielle Biomarker für „fleischfressende Bakterien“

Schwere Infektionen durch „fleischfressende“ Bakterien machen zunehmend Schlagzeilen. Dahinter steckt das Krankheitsbild der nekrotisierenden Fasziitis (necrotizing soft tissue infections). Diese seltenen Infektionskrankheiten verursachen dramatische Gewebezerstörungen. Den Patienten müssen oft Gliedmaßen amputiert werden oder sie versterben, bevor eine passende Therapie gefunden wird. Der rasante Krankheitsverlauf, verschiedene bakterielle Erreger und deren zunehmende Antibiotikaresistenz machen eine Schnelldiagnostik nötig.

Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) gelangen mithilfe modernster Methoden erstmals Einblicke in die Zusammensetzung der Erreger der oft durch bakterielle Mischinfektionen verursachten Krankheit. Damit gelang es, potenzielle Biomarker für die durch Einzelerreger wie Streptococcus pyogenes oder bakterielle Mischinfektionen verursachte nekrotisierende Fasziitis zu identifizieren. Die neuen Biomarker könnten in der klinischen Anwendung eine schnellere Diagnostik der Erreger und damit eine zugeschnittene Therapie ermöglichen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher jetzt im renommierten Fachjournal Nature Communications.

Wettlauf gegen die Zeit

Die unauffälligen grippeähnlichen Anfangssymptome der nekrotisierenden Fasziitis (NF) sind für Ärzte schwer zu diagnostizieren. Völlig gesunde Menschen können daran erkranken, gefährdet sind vor allem immungeschwächte Menschen. Den Patienten bleiben nur drei bis vier Tage für eine Rettung. Die Sterberate liegt bei 30 Prozent und steigt auf 70 Prozent an, wenn die richtige klinische Diagnose fehlt. Die schnelle Identifizierung der Erreger ist dringend nötig, um die Patienten mit einer zugeschnittenen Therapie behandeln zu können. Dies ist besonders bedeutsam vor dem Hintergrund zunehmender Antibiotikaresistenzen vieler Bakterienarten.

Lange war nicht bekannt, welche unterschiedlichen Erreger bei der nekrotisierenden Fasziitis involviert sind. Im Rahmen des EU-Projektes INFECT wurde für diese Grundlagenforschung die weltweit größte Patienten-Kohorte angelegt. Humane Gewebeproben von 150 Patienten aus Norwegen, Dänemark und Schweden standen für die Analyse zur Verfügung. „Die nekrotisierende Fasziitis ist derzeit vermehrt in den Medien, da sie auch durch im Meerwasser lebende Vibrio-Arten hervorgerufen werden kann, wie 2019 in der Ostsee. Deutlich häufiger sind jedoch Infektionen mit Streptococcus pyogenes“, sagt Prof. Dietmar Pieper, Mikrobiologe und Leiter der Forschungsgruppe ,Mikrobielle Interaktionen und Prozesse‘. „Sehr oft handelt es sich um bakterielle Mischinfektionen aus einem breiten Spektrum verschiedener Erreger. Wir konnten Prevotella, Fusobakterium, Parvimonas und Porphyromonas immer wieder in einer ähnlichen Zusammensetzung nachweisen“, sagt Pieper. „Bisher war unbekannt, wie Gemeinschaften von eigentlich harmlosen Bakterien Infektionen verursachen können, die die gleiche Sterblichkeitsrate und das zerstörerische Potenzial wie ‚professionelle Pathogene‘ wie das gut untersuchte Bakterium Streptococcus pyogenes haben.“

Originalarbeit:
Molecular profiling of tissue biopsies reveals unique signatures associated with streptococcal necrotizing soft tissue infections. Thänert R, Itzek A, Hoßmann J, Hamisch D,  Bruun Madsen M, Hyldegaard O, Skrede S, Bruun T, Norrby-Teglund A, INFECT study group, Eva Medina & Dietmar H. Pieper. Nature Communications 2019; doi: 10.1038/s41467-019-11722-8


Neben dem mikrobiellen Profiling führten die Forscher eine duale RNA-Sequenzierung an den Gewebeproben durch. „Während die krankheitserregenden Mechanismen von Pathogenen gut untersucht sind, gibt es kaum Informationen, wie eigentlich harmlose Bakterien die Gewebezerstörung vorantreiben“, sagt HZI-Wissenschaftler Dr. Robert Thänert. „Einzelerreger wie Streptococcus und die Bakterien, die man in Mischinfektionen findet, nutzen verschiedene Mechanismen, was zu unterschiedlichen Prozessen der Gewebezerstörung führt.“

Zusammenarbeit wie in einem Orchester

Die HZI-Forscher konnten feststellen, dass sich die Bakterienarten in Mischinfektionen die Arbeit aufteilen. „Wie in einem Orchester arbeiten sie zusammen und können so das Wirtsgewebe kolonisieren und hier eine zerstörerische entzündliche Immunantwort verstärken“, so Eva Medina, Leiterin der HZI-Forschungsgruppe Infektionsimmunologie. Feine Unterschiede in der Wirtsantwort auf die Infektion können die Forscher nun als diagnostische Biomarker nutzen, damit Ärzte schnell über den Erreger informiert sind und eine passende Therapie ableiten können. Zukünftige Studien müssen die neuen Biomarker nun validieren, damit diese als Diagnostik-Tools einsetzbar werden.

Das Titelbild zeigt Streptococcus-Arten. Sie können die nekrotiisierende Fasziitis hervorrufen (HZI/Manfred Rohde)
Bibliografía: HZI Bunte Welt Interdisziplinär

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