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Erhöhte Phytolithgehalte zum Beispiel in Gräsern führen zu verstärkter Abnutzung des Zahnschmelzes – Rückschluss auf Lebensräume

Die Abnutzung des Zahnschmelzes lässt Rückschlüsse auf den Speiseplan bei Wirbeltieren zu – und liefert Paläontologen Erkenntnisse zum Lebensraum von ausgestorbenen Tieren. Allerdings zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie gleichzeitig potenzielle Fehlerquellen auf, so eine Meldung der Universität Mainz auf idw online.

Verschiedene Futterpflanzen reiben den Zahnschmelz von Wirbeltieren unterschiedlich stark ab, was unter anderem am unterschiedlichen Phytolith- und Wassergehalt der Pflanzen liegt. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) belegte durch Untersuchungen an Meerschweinchen, dass unter anderem der unterschiedliche Phytolith- und Wassergehalt in Futterpflanzen für den Zahnschmelzabrieb verantwortlich ist.


Mikroskopische Aufnahmen der Oberfläche von Meerschweinchenzähnen zeigen den Abrieb durch Futterpflanzen. Bild: Daniela E. Winkler

Wie die Forscherinnen und Forscher in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „PNAS“ berichten, könnten die neuen Erkenntnisse erhebliche Auswirkungen auf die Interpretation von Oberflächentexturdaten von Zähnen ausgestorbener Tiere und damit für die Rekonstruktion der Ernährungsweisen und Lebensräume dieser Tiere haben. Unter anderem haben sie nachgewiesen, dass Zahnschmelz durch Pflanzen mit höheren Phytolithgehalten, etwa Gräser, stärker abgenutzt wird als durch Pflanzen mit geringeren Phytolithgehalten, zum Beispiel Luzerne.

Einlagerungen aus Siliziumdioxid

Phytolithe sind winzige Einlagerungen aus Siliziumdioxid, die von vielen Pflanzen gebildet werden. Obwohl sie weicher sind als Zahnschmelz, ist dennoch immer wieder diskutiert worden, ob sie wesentlich zur Abnutzung der Zähne beitragen, oder ob dafür vor allem mitgefressener Mineralstaub oder Sand verantwortlich sind. Die abrasive Wirkung der Phytolithe konnte durch die Studie zweifelsfrei belegt werden, da die verfütterten Pflanzen allesamt frei von anhaftenden Quarzstaub- oder Bodenpartikeln waren, aber unterschiedliche Phytolithgehalte von 0,5 bis 3 Prozent enthielten. Höhere Phytolithgehalte führten dabei zu stärkerem Zahnabrieb. Darüber hinaus konnte die Studie zeigen, das auch der Wassergehalt der Pflanzen eine Rolle spielt.

Trockenes Futter verstärkt Abnutzung

Vor allem trockenes Gras führt zu stärkerem Zahnabrieb als das gleiche, frisch verfütterte Gras. „Aufgrund der Analyse des Zahnabriebs an fossilen Zähnen werden häufig Rückschlüsse auf die Lebensräume der entsprechenden Tiere gezogen“, erklärt Studienleiterin Dr. Daniela Winkler (JGU). „Ein schwächerer Abrieb könnte zum Beispiel darauf hindeuten, dass das Tier in einer bewaldeten Landschaft mit vielen Kräutern und viel Laub gelebt hat und nicht in einer steppenartigen Umgebung mit viel Gras.“ In der Studie wurden daher die Abrasionseigenschaften von frischen und trockenen Pflanzen mit unterschiedlichem Phytolithgehalt systematisch getestet.

Gleicher Abrieb bei frischer Pflanzenkost und Luzerne

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten in der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich sechs Gruppen von Meerschweinchen drei Wochen lang mit drei unterschiedlichen, jeweils frischen und getrockneten Pflanzen (Luzerne, Gras und Bambus) gefüttert. Anschließend wurde mit einem hochauflösenden Mikroskop die Oberflächentopographie des Zahnschmelzes von Backenzähnen der Meerschweinchen untersucht. Das Ergebnis war, dass mit steigendem Phytolithgehalt des Futters der Abrieb zunahm. „Außerdem konnten wir einen starken Einfluss des Wassergehalts im Futter auf den Abrieb zeigen“, sagt Winkler. „Der Zahnschmelz der Meerschweinchen, die wir mit trockenem Gras gefüttert hatten, war wesentlich stärker abgenutzt und rauer als der Zahnschmelz derjenigen, die frisches und damit feuchteres Gras bekommen hatten.“ Bemerkenswerterweise fanden sich keine Unterschiede in der Zahnoberflächentextur zwischen den Meerschweinchen, die frische oder getrocknete Luzerne oder frisches Gras gefressen hatten.

„Das könnte auf eine potenzielle Fehlerquelle bei der paläontologischen Rekonstruktion von Ernährungsgewohnheiten und Lebensräumen von Pflanzenfressern anhand des Zahnabriebs hindeuten“, sagt Winkler. „Denn obwohl der Abrieb durch Luzerne und feuchtes Gras ähnlich schwach ist, können sich Landschaften, in denen Luzerne oder Gras wachsen, stark unterscheiden. Weiterhin zeigen die Frischgrasfresser Zahnoberflächentexturen, die denen von Laubfressern ähneln können. Diese Erkenntnisse müssen bei der Rekonstruktion der Ernährungsweise ausgestorbener Tiere anhand fossiler Zähne berücksichtigt werden.“

An der Studie waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der JGU, der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich, des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg, der Universität Gent sowie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropolgie in Leipzig beteiligt. Die Studie fand im Rahmen des Forschungsprojekts „Vertebrate Herbivory“ von Prof. Dr. Thomas Tütken vom Institut für Geowissenschaften der JGU statt, das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem sogenannten Consolidator Grant gefördert wird.

Titelbild: Daniela E. Winkler, JGU
Bibliografía: Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) Bunte Welt

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