Die Prothese ist im Krankenhaus verschwunden, der Patient verstirbt – haben die Erben einen Anspruch auf Wertersatz? Damit musste sich das Landgericht Oldenburg zum Jahresende befassen. Das (noch nicht rechtskräftige) Urteil lautete: nein.
Manchmal sind persönliche Gegenstände unauffindbar. Dafür muss im Falle eines Verwahrvertrags grundsätzlich derjenige einstehen, der den Gegenstand verwahrt und dann verloren hat. Sind aber auch die Erben berechtigt, im Falle des Verlusts den Wert des persönlichen Gegenstands ersetzt zu verlangen? Über einen solchen Fall wegen einer verlorenen Zahnprothese hatte die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Osnabrück zu entscheiden (Az.: 7 O 1610/18).
Der Vater der Klägerin befand sich im Sommer 2017 in stationärer Behandlung in einer Klinik. Im Laufe des stationären Aufenthalts verschwand die Zahnprothese des Vaters und konnte nicht mehr aufgefunden werden. Eine Verständigung mit dem Vater war wegen seiner erheblichen kognitiven Einschränkungen nur sehr eingeschränkt möglich.
Erben klagen auf Schadenersatz
Nach dem Tod des Vaters verlangte die Klägerin für die Erbengemeinschaft vom Träger der Klinik (Beklagte) Wertersatz in Höhe von 6.055,95 Euro für die verlorene Prothese. Die Klägerin meint, der Träger der Klinik müsse den Schaden ersetzen, der durch den Verlust der Prothese entstanden sei. Die Beklagte habe eine ihr obliegende Obhutspflicht verletzt, jedenfalls sei ein Organisationsmangel gegeben. Weil die Prothese bereits in Gebrauch gewesen sei, verlange sie nicht die ursprünglichen Herstellungskosten in Höhe von rund 9.000 Euro, sondern nach sogenanntem Abzug „neu für alt“ lediglich rund 6.000 Euro.
Beeinträchtigung auf nicht materieller Ebene
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2018 abgewiesen. Der Verlust einer Zahnprothese wirke in erster Linie auf nicht materieller Ebene. Die Beeinträchtigung treffe den persönlichen, nicht in Geld messbaren Bereich. Die Zahnprothese diene wesentlich der Herstellung von körperlichen Fähigkeiten wie der Nahrungsaufnahme und dem unbeeinträchtigten Sprechen.
Kein Ersatzanspruch auf fiktiver Grundlage
Es gehe daher im Ergebnis um eine Kompensation für die fortdauernde Beeinträchtigung der Persönlichkeit. Ein solcher Anspruch sei zweckgebunden und bestehe nur für den Fall einer tatsächlichen Neuanfertigung einer Prothese. Auch ein bei einem Unfall Verletzter könne nur dann Heilbehandlungskosten verlangen, wenn er sich tatsächlich behandeln lasse, nicht aber, wenn er eine Behandlung ablehne und er nur „fiktiv“ solche Kosten geltend mache. Aus diesem Grund sei auch der Erbengemeinschaft ein Ersatzanspruch auf fiktiver Grundlage – ohne Neuanfertigung einer Prothese – verwehrt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, so das LG Oldenburg in seiner Pressemeldung zum Urteil.