Der im Ingwer enthaltene Scharfstoff 6-Gingerol stimuliert ein Speichelenzym, das übelriechende Substanzen abbaut. Es sorgt damit für frischen Atem und einen besseren Nachgeschmack. Zitronensäure erhöht dagegen den Natriumionen-Gehalt im Speichel, sodass Salziges weniger salzig wirkt. Das Geheimnis liegt in der Wechselwirkung mit den im Speichel gelösten Molekülen, das jetzt von einem Team der Technischen Universität München untersucht wird. Sie wollen mehr über Lebensmittelinhaltsstoffe herausfinden.
Einfluss auf das Geschmacksempfinden weitgehend unbekannt
Viele Lebensmittelinhaltsstoffe tragen direkt durch ihren Eigengeschmack, ihren Duft oder ihre Schärfe zum typischen Geschmack von Speisen und Getränken bei. Sie beeinflussen aber auch indirekt über andere, noch weitgehend unbekannte biochemische Mechanismen unser Geschmacksempfinden. Dies hat ein Team um Professor Thomas Hofmann vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik nun genauer erforscht, ihre Studie dazu wurde jetzt veröffentlicht1.
6-Gingerol wirkt auf Enzym Sulfhydryl-Oxidase
Wie die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, lässt das im Ingwer enthaltene, scharf schmeckende 6-Gingerol innerhalb weniger Sekunden den Spiegel des Enzyms Sulfhydryl-Oxidase im Speichel um das 16-fache ansteigen. Die an jeweils vier Frauen und Männern durchgeführten Speichel- und Atemluftanalysen belegen, dass das Enzym übelriechende schwefelhaltige Verbindungen abbaut. Auf diese Weise ist es in der Lage, den lang anhaltenden Nachgeschmack vieler Lebensmittel wie Kaffee zu vermindern.
Möglicher Ansatz für neue Mundpflegemittel
„Auch unser Atem riecht dadurch besser“, erklärt Studienleiter Prof. Hofmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Lebensmittelsystembiologie an der TUM. Der entdeckte Mechanismus könne zukünftig dazu beitragen, neue Mundpflegemittel zu entwickeln.
Zitronensäure mindert das Salzempfinden
Zitronensäure beeinflusst dagegen laut der Studie die Geschmackswahrnehmung über einen ganz anderen Mechanismus. Wie jeder aus eigener Erfahrung weiß, stimulieren saure Lebensmittel wie der Saft von Zitronen den Speichelfluss. Proportional zur Speichelmenge erhöht sich dabei auch die Menge der im Speichel gelösten Mineralstoffe.
Laut Hofmann steigt der Natriumionen-Spiegel nach der Stimulation mit Zitronensäure rasch um das etwa Elffache an. Dieser Effekt lässt uns dann weniger sensitiv auf Kochsalz reagieren. Der Lebensmittelchemiker erklärt dies so: „Kochsalz ist nichts anderes als Natriumchlorid, wobei die Natriumionen beim Menschen für den Salzgeschmack verantwortlich sind. Enthält der Speichel bereits höhere Konzentrationen an Natriumionen, müssen verkostete Proben einen deutlich höheren Salzgehalt aufweisen, um sie vergleichsweise salzig zu empfinden.“
Noch viel Forschungsbedarf
Hofmann sieht noch viel Forschungsbedarf, um das komplexe Zusammenspiel zwischen den geschmacksgebenden Molekülsystemen in Lebensmitteln, den biochemischen Prozessen, die im Speichel ablaufen, und dem Geschmacksempfinden zu verstehen. Mittels eines systembiologischen Ansatzes verfolgt Hofmann das Ziel, eine neue wissenschaftliche Basis für die Produktion von Lebensmitteln zu entwickeln, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und sensorischen Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind. Hierfür kombinieren er und sein Team Methoden der biomolekularen Grundlagenforschung mit analytischen Hochleistungstechnologien und Methoden der Bioinformatik.