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Wissenschaftler der TU Berlin entdecken Lipopeptid-Antibiotika, die vielversprechende Aktivitäten gegen multiresistente Bakterien aufweisen

Die gesundheitlichen Risiken, die von der immer stärkeren Verbreitung multiresistenter Bakterien ausgehen, haben in den vergangenen Jahren zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit erlangt. Sie sind besonders gefährlich für Patienten in den Kliniken. Gemeinsam mit der französischen Firma Deinove, hat ein Wissenschaftlerteam des Fachgebiets Biologische Chemie um Prof. Dr. Roderich Süßmuth von der TU Berlin nun eine neue Klasse von Lipopeptid-Antibiotika entdeckt, die vielversprechende Aktivitäten gegen multiresistente Bakterien aufweist. Die Ergebnisse sind in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Chemical Biology“ veröffentlicht [„AllerdingsThe anti-staphylococcal lipolanthines are ribosomally synthesized lipopeptides“, Vincent Wiebach, Andi Mainz, Mary-Ann J. Siegert, Natalia A. Jungmann, Guillaume Lesquame, Sophie Tirat, Assia Dreux-Zigha, Jozsef Aszodi, Dominique Le Beller & Roderich D. Süssmuth, Nature Chemical Biology volume 14, pages652–654 (2018), DOI: 10.1038/s41589-018-0068-6].

MRSA – bekannt und tödlich

Wie die Arbeitsgruppe von Roderich Süßmuth in Nature Chemical Biology berichtet, wurde eine weitere Wirkstoffklasse gefunden, die gegen diese multiresistenten Bakterien gerichtet ist. Die sogenannten „Krankenhauskeime“ sind im klinischen Bereich sehr häufig anzutreffen. Auch wenn es bereits eine Vielzahl an mehrfach resistenten Bakterien gibt, so ist der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus ( MRSA) einer der bekanntesten Keime. Er kann tödlich sein, vor allem für Patienten mit geschwächtem Immunsystem. Durch die Resistenzen gegen verbreitete Antibiotika ist diesen Infektionen nur schwer bis gar nicht beizukommen. Berichte über erste „völlig resistente“ Infektionen unterstreichen die große medizinische und gesellschaftliche Bedeutung der Entwicklung neuer Antibiotika, die sich durch neue „Leitstrukturen“ grundlegend von den bereits genutzten unterscheiden.

Bakterien als Quelle für neue Antibiotika

In Kooperation mit der französischen Firma Deinove wurde eine Stammsammlung an Bakterien auf die Produktion von antibakteriell wirksamen Molekülen untersucht. Mit Erfolg, denn aus einer Kultur des Bakteriums „Microbacterium arborescens“ konnte eine Verbindung mit starker Aktivität gegen MRSA und andere pathogene Bakterien isoliert werden. „Bakterien und Pilze sind eine sehr gute Quelle für bioaktive Wirkstoffe, denn im Wettstreit um limitierte Ressourcen bekämpfen sich Mikroorganismen in der Natur gegenseitig. Dies können wir uns zunutze machen“, erklärt Roderich Süßmuth.

DFG-gefördertes Projekt

Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geförderten Projekts wurde zuerst die chemische Struktur des, später Microvionin genannten, Moleküls aufgeklärt und die Biosynthese im Labor nachgestellt. Dabei entdeckten die Wissenschaftler*innen Unerwartetes: Microvionin besteht aus einem Peptid- und einem Fettsäureteil, wobei drei der Aminosäuren so modifiziert werden, dass sich zwei Ringstrukturen ausbilden, es also „bizyklisch“ ist. Durch dieses charakteristische Strukturmerkmal mit einer Thioetherbrücke, lässt sich Microvionin den sogenannten Lanthipeptiden zuordnen, einer Klasse an ribosomal synthetisierten und posttranslational modifizierten Peptiden (kurz RiPPs). In mehreren Versuchsreihen konnten die Wissenschaftler die Zyklisierung des Moleküls nachvollziehen und zeigen, dass dies durch die enge Kooperation von zwei Enzymen geschieht und so die Bildung von ungewollten Nebenprodukten verhindert wird. „Was uns zusätzlich interessiert, ist die ziemlich ungewöhnliche Fettsäuremodifikation. Hier scheinen zum ersten Mal bei ribosomal synthetisierten Peptiden zwei Biosynthesewege zusammen zu laufen, nämlich ribosomal synthetisierte Peptide und Polyketidsynthasen, deren Zusammenspiel so bisher nicht beobachtet wurde. Das ist für uns natürlich spannend und wird weiterhin intensiv erforscht“, erläutert Roderich Süßmuth.

Potenzielle Kandidaten für neue Antibiotika

Vor allem aufgrund der unerwarteten Struktur und Biosynthese wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob es noch weitere ähnliche Verbindungen in der Natur gibt. Bei dem sogenannten „Genome Mining“ werden bakterielle Genome mit dem Ziel analysiert, bestimmte Biosynthese-Gencluster entdecken zu können. Auch hier wurden die Wissenschaftler um Süßmuth fündig. Mehr als zehn potenzielle Kandidaten konnten identifiziert werden. Aus einem dieser Stämme wurde dann mit „Nocavionin“ ein weiteres verwandtes Molekül isoliert. Dass sich die inzwischen „Lipolanthine“ getaufte Gruppe an Antibiotika bald noch weiter vergrößern wird, da ist sich Süßmuth sicher: „Wir versuchen natürlich nun auch die anderen Moleküle zu isolieren und dann auch Rückschlüsse zwischen der Struktur und Bioaktivität zu ermitteln. Außerdem ist auch die Aufklärung der verbleibenden Schritte der Biosynthese für uns sehr interessant. Zu guter Letzt hoffen wir auch die Entwicklung von Microvionin zu einem nutzbaren Medikament vorantreiben zu können. Wir stehen bei diesem Projekt ja gerade erst in den Startlöchern und ich bin gespannt wie es jetzt weitergeht.“

Titelbild: Shutterstock/Kateryna Kon
Bibliografía: idw online Nachrichten

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