Die Revision eines Zahnarztes aus Thüringen vor dem Bundessozialgericht in Kassel gegen den Entzug der Kassenzulassung ist ohne Erfolg geblieben. Die Richter des 6. Senats stellten fest, die Vorinstanzen hätten zu Recht entschieden, dass die Entziehung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit durch den beklagten Berufungsausschuss bei der KZV Thüringen nicht zu beanstanden ist.
Im Revisionsverfahren hatte der Zahnarzt Fehler des Landessozialgerichts (LSG) Thüringen bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes gerügt. Seine Revision stützte sich vor allem darauf, dass das Urteil des Amtsgerichts, das den Zahnarzt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt hatte, infolge der Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht wirkungslos geworden ist.
Instanzen durften sich auf Ergebnisse der Ermittlungen stützen
„Das hat jedoch nicht zur Folge, dass die Zulassungsinstanzen und die Gerichte sich nicht auf die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen oder die Ergebnisse des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens stützen durften, zumal diese durch zahlreiche Aussagen und Unterlagen aus dem maßgeblichen Zeitraum bestätigt wurden. Das LSG hat den maßgeblichen Sachverhalt auch hinreichend umfassend aufgeklärt. Die von ihm ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen tragen die Schlussfolgerung, dass der Kläger seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt hat und ihm deshalb die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung zu entziehen ist“, heißt es nun im Bericht über die Entscheidung des BSG vom 3. April 2019 (Az.: B 6 KA 4/18 R).
„Das LSG hat festgestellt, dass der Kläger vor Ende 2007 in seiner Praxis eine Überwachungsanlage installiert hat, mit deren Hilfe er Aufnahmen seiner Helferinnen in unbekleidetem Zustand beim Umziehen erstellen konnte und erstellt hat, die dann in sein Büro überspielt und dort aufgezeichnet worden sind. Dieses Vorgehen hat der Kläger bis zum Jahr 2012 fortgesetzt und die Aufnahmen auf dem dafür vorgesehenen Gerät gespeichert“, so das BSG.
Pflichtverletzung im Sinne des SBG V
In der über Jahre fortgesetzten massiven Verletzung der Privat- und Intimsphäre der Mitarbeiterinnen liege eine Pflichtverletzung im Sinne des Paragrafen 95 Absatz 6 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Strafandrohung und Strafrahmen des Paragrafen 201a Strafgesetzbuch (StGB) lassen hinreichend deutlich erkennen, welchen Unrechtsgehalt der Gesetzgeber Verletzungen der Intimsphäre zuweist. Gerade die Übertragungen der Bilder aus dem Umkleideraum in das Büro des Zahnarztes und die Speicherung mit dem ausdrücklich eingeräumten Ziel, entsprechende Bilder öfter anzusehen, machten deutlich, dass der Kläger die Intimsphäre der Mitarbeiterinnen zum Objekt seiner besonderen Interessen gemacht habe, was geeignet sei, die Betroffenen nachhaltig zu traumatisieren.
„Mit einem Zahnarzt, der sich über Jahre so verhalten hat, müssen die Träger der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht länger zusammenarbeiten“, so die Mitteilung des BSG. Ob auch die Voraussetzungen des Entziehungstatbestands der fehlenden Eignung (Paragraf 21 Satz 1 Zahnärzte-ZV in Verbindung mit Paragraf 95 Abs 6 SGB V) vorliegen, lässt der Senat offen; für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Berufungsausschusses kommt es hierauf nicht an.