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Pflanzenfresser: Eigentlich ist Zahnschmelz härter als die pflanzliche Nahrung

Zähne von Säugetieren werden ständig abgerieben. Wie genau der Zahnabrieb abläuft, ist allerdings nicht bekannt. Forschende der Universität Zürich zeigen, dass die verschiedenen Bereiche der Zähne von Pflanzenfressern unterschiedlich anfällig gegen Zahnabrieb sind, und entwerfen das Szenario eines detaillierten zeitlichen Ablaufs.

„In unserer Klinik sehen wir regelmäßig Meerschweinchen und Kaninchen mit Zahnproblemen. Darum sind wir besonders daran interessiert, wie bei diesen Tieren die Zahnveränderungen funktionieren“, sagt Jean-Michel Hatt, Professor an der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich. Bekannt ist, dass die Zähne der Säugetiere ständig abgerieben werden. Wie dies genau geschieht, ist immer noch ein Rätsel. Denn eigentlich ist Zahnschmelz härter als die in der Nahrung vorkommenden Teile, die die Zähne abschleifen. Bei Pflanzenfressern sind dies vor allem die sogenannten Phytolithe oder Blattsteinchen – mikroskopische Silikateinlagerungen, die vor allem in Gräsern vorkommen. „Zahnforscher sind sich nicht einig, wie diese Blattsteinchen tatsächlich den Zahnschmelz angreifen können.“

Harte und weichere Zahngewebe

Die Zahnoberflächen von Pflanzenfressern bestehen nicht nur aus Zahnschmelz. Zwischen den Schmelzleisten befindet sich weicheres Gewebe, das Zahnbein oder Dentin. Durch die unterschiedlichen Härten entwickelt sich auf der Kaufläche der Zähne von Pferden, Rindern oder auch Meerschweinchen eine Oberfläche wie bei einer Raspel: harte Leisten ragen aus dem weicheren Gewebe hervor. „Wie dieses weichere Dentin auf abschleifende Nahrung reagiert, wurde bisher kaum angeschaut“, so Hatt. Zahnforscher interessiert meistens der Zahnschmelz.

Jean-Michel Hatt und sein Team haben mit Forschern der Universität Mainz einen Fütterungsversuch mit Meerschweinchen durchgeführt. Sie fütterten Meerschweinchen drei Wochen lang mit drei verschiedenen Futterarten: Luzerne – die, wie Klee, keine Blattsteinchen enthält –  normales Gras und Bambus. Bambus gehört zur Gruppe von Gräsern, die am meisten Silikate enthalten. Der Effekt der Fütterung wurde mittels Mikro-Computer-Tomographie beobachtet – ein Röntgenverfahren, das 3-D-Rekonstruktionen erlaubt.

Bambus ist nichts für Pflanzenfresser

Die Ergebnisse haben die Forschenden selbst beeindruckt. „Auch ohne zu wissen, welches Tier ich gerade auf dem Bildschirm vermesse, konnte ich sagen, welches Futter es bekommen hatte“, sagt Louise Martin, Doktorandin an der Zootierklinik. „Die bambusfressenden Tiere hatten drastisch kürzere Zähne.“ Und das, obwohl bei Meerschweinchen auch die Backenzähne ständig nachwachsen. Bei genauem Hinschauen fand Martin das entscheidende Detail: Bei den kürzeren Zähnen waren die Dentin-Flächen überproportional ausgehöhlt. „Die Blattsteinchen greifen das Dentin an, und wenn die Schmelzleisten dann besonders weit hervorstehen, sind sie auch nicht mehr so stabil und werden selber abgerieben.“ Ein Effekt, den man wohl nur in einem System mit rasch wachsenden Zähnen – wie bei Nagern – und außerordentlich abschleifendem Futter wie Bambus so gut beobachten kann.

„Die meisten Leute füttern ihre Pflanzenfressern nicht mit Bambus“, so Hatt, „und unsere Ergebnisse zeigen, dass das auch gut so ist.“ Aber wie sieht es denn bei Tieren wie den Pandas aus, die ausschließlich Bambus fressen? „Die Pandabären besitzen als Angehörige der Raubtiere keine typischen Pflanzenfresser-Raspelzähne“, erklärt Jean-Michel Hatt. „Ihre Zähne sind komplett von Zahnschmelz überzogen.“

Literatur:
Martin Louise, Winkler Daniela, Tütken Thomas, Codron Daryl, De Cuyper Annelies, Hatt Jean-Michel, Clauss Marcus (2019). The way wear goes – phytolith-based wear on the dentine-enamel system in guinea pigs (Cavia porcellus). Proceedings of the Royal Society B. Doi: 10.1098/rspb.2019.1921.


Bild: shutterstock.com/Dev_Maryna

Reference: Universität Zürich Bunte Welt Nachrichten

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