0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
1280 Views

Veränderungen der Bakterienpopulationen können chronisch-entzündliche Darmerkrankungen auslösen

Vergleichbar der Mundflora und deren Auswirkungen auf die Mundgesundheit, nimmt auch die Darmflora Einfluss auf Verlauf, Schweregrad und die Therapie von Darmerkrankungen. Dies fand ein Schweizer Forschungsteam unter der Leitung von Andrew Macpherson, Bahtiyar Yilmaz und Pascal Juillerat vom Department for Biomedical Research der Universität Bern und der Abteilung Gastroenterologie der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin, Inselspital Bern, heraus. Ihre Studie offenbarte, dass Veränderungen in bestimmten Gruppen von Darmbakterien zu chronisch entzündlichen Darmkrankheiten (sogenannte Inflammatory Bowel Diseases, IBD) führen können. Sie zeigten zudem auf, dass diese Veränderungen in Bakteriengruppen sogar zu einem Rückfall beitragen können, nachdem bei Patientinnen und Patienten Teile des entzündeten Darmtrakts chirurgisch entfernt wurden. Die Studie wurde im Journal Nature Medicine publiziert.

Netzwerke der Darmflora

Zahllose Darmbakterien leben in Symbiose mit uns und sind essenziell für unsere Gesundheit. Wenn das empfindliche Gleichgewicht jedoch gestört wird, und sich die Zusammensetzung unserer Darmflora etwa durch die Ernährung oder die Einnahme von Medikamenten verändert, ändern sich auch Funktionen unserer Darmbakterien. Die Folge ist ein verschlechterter Gesundheitszustand, der zu führen kann. Zu IBD gehören Morbus Crohn, die den gesamten Magen-Darm-Trakt betreffen kann, und die Dickdarmerkrankung Colitis ulcerosa. Beide betreffen jährlich bis zu 30 pro 100.000 Personen in Europa und Nordamerika. In der Schweiz haben die Fälle von rund 12.000 Betroffenen im Jahr 2004 auf fast 20.000 in 2014 zugenommen. IBD haben gravierende gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen, da die meisten Patientinnen und Patienten jünger als 35 Jahre sind, wenn die Krankheit zum ersten Mal ausbricht.

Die Schweizer Forscher Forscher untersuchten in ihrer Studie den Einfluss mehrerer klinischer Faktoren auf die Darmflora von 270 Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn, 232 Patientinnen und Patienten mit Colitis Ulcerosa und 227 gesunden Personen. Die Proben stammten aus zwei großen Patientenkohorten, einer Schweizer Kohorte (Swiss IBD Cohort) unter der Leitung von Prof. Gerhard Rogler des Universitätsspitals Zürich mit Beteiligung von mehreren Spitälern in der Schweiz, und einer Berner Kohorte des Inselspitals. „Dass wir auf diese Daten zugreifen konnten, macht unsere Studie einzigartig“, sagt Bahtiyar Yilmaz, Ko-Erstautor der Studie. „Die Detailgenauigkeit der klinischen Daten wie Krankheitsverlauf, Ansprechen auf Behandlungen oder Umwelteinflüsse standen vergleichbaren Studien bisher nicht zur Verfügung.“

Kurzkettige Fettsäuren stärken Darmbarriere

Die Proben zeigten, dass die Darmflora von IBD-Patientinnen und -Patienten sich grundlegend von der Darmflora von gesunden Personen unterscheiden – hauptsächlich durch eine Zunahme von Bakterienstämmen, die Darmerkrankungen auslösen, und einer Abnahme von Bakterien, die wichtig für die Darmgesundheit sind. Die Forschenden entdeckten zudem 18 neue Gruppen von Krankheitserregern. Zudem stellten sie fest, dass Alter und Fitness im Vergleich zum Lebensstil oder Behandlungsart einen größeren Einfluss auf die Krankheitsverläufe ausüben. Je sportlicher die Betroffenen waren, desto weniger Probleme hatten sie mit ihrer Krankheit.

Originalpublikation: Bahtiyar Yilmaz, Pascal Juillerat, Ove Øyås, Charlotte Ramon, Francisco Damian Bravo, Yannick Franc, Nicolas Fournier, Pierre Michetti, Christoph Mueller, Markus Geuking, Valerie E. H. Pittet, Michel H. Maillard, Gerhard Rogler, Swiss IBD Cohort Investigators, Reiner Wiest, Jörg Stelling und Andrew J. Macpherson: Microbial network disturbances in relapsing refractory Crohn’s disease, Nature Medicine, 21. Januar 2019, http://dx.doi.org/10.1038/s41591-018-0308-z


Eine wichtige Rolle spielen Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren produzieren: Damit „füttern“ sie unter anderem Zellen der Darmschleimhaut und stärken die Darmbarriere, die uns davor schützt, dass Nahrung und Bakterien ungehindert in den Blutkreislauf gelangen. Bei IBD sind nun diese schützenden Bakteriengruppen reduziert. „Wir haben unterschiedliche Netzwerke innerhalb der Darmflora entdeckt, spezifische Signaturen, die einerseits mit einem schweren Krankheitsverlauf zusammenhängen, also einem Wiederaufflammen, und im Gegensatz dazu eine Bakterien-Signatur, die sich bei weniger schweren Verläufen und gutem Ansprechen auf eine Therapie findet“, sagt Andrew Macpherson, Leiter der Gruppe und Letztautor.

Heterogene Krankheitsverläufe

„Die sehr unterschiedlich schweren Krankheitsverläufe machen die Behandlung von IBD schwierig“ sagt Andrew Macpherson. „Je mehr wir über krankmachende oder gesundheitsfördernde Bakterien wissen, desto gezielter können wir diese aktivieren oder unterdrücken, um den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern.“

„Da die unterschiedlichen Krankheiten eine jeweils spezifische Signatur von Bakterien-Netzwerken aufweisen, können wir diese für künftige Therapieansätze nutzen“, erklärt Pascal Juillerat, Ko-Erstautor. Beim Aufspüren der Bakterien-Signaturen kamen Algorithmen für maschinelles Lernen zum Einsatz. Diese werden auch künftig hilfreich sein bei der Suche nach Bakterienstämmen, die IBD auslösen oder die Gesundheit fördern. Letztlich erhoffen sich die Forschenden, dass sich mittels Folgestudien die Prävention und Behandlung von IBD verbessern.

Das Titelbild zeigt eine gesunde Schleimschicht (rot). Sie hält Escherichia coli (grün) in sicherem Abstand vom Epithel, der Zellschicht der Darmwand, und verhindert, dass sie in darunterliegendes Gewebe durchdringen. Bild: Bahtiyar Yilmaz, Universität Bern
Reference: Universität Bern Bunte Welt

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
21. Nov 2024

Hunger ist Kopfsache

Wie Körper und Gehirn sich in Sachen Ernährung absprechen und welche Folgen das hat
20. Nov 2024

Rauchstopp: Wenn nicht jetzt – wann dann?

BZgA informiert zum Welt-COPD-Tag am 20. November
20. Nov 2024

Überraschende Erkenntnisse zur Blutbildung

Forschende der Uni Mainz und des MPI decken vielversprechende Eigenschaften des Schädelknochenmarks auf
19. Nov 2024

Ärzte ohne Grenzen geben bei Voco Einblicke in ihre Arbeit

Dentalhersteller spendet auch in diesem Jahr 20.000 Euro an die Hilfsorganisation
15. Nov 2024

Dentaurum bleibt dem Standort Deutschland treu

Dentalunternehmen investiert umfassend in Standort Ispringen
13. Nov 2024

Neuer Grippe-Impfstoff ab 2025 zur Auswahl

Zusätzliche Substanz soll Schutz bei Menschen über 60 Jahren erhöhen
12. Nov 2024

Warum „Bäume pflanzen in der Arktis“ keine gute Idee ist

Anpflanzung von Bäumen in der Arktis könnte globale Erwärmung verschlimmern
11. Nov 2024

DfA startet Weihnachtstombola für Witwen und Waisen in Kenia

Lose kaufen für lebenswichtige Spenden – von Saatgut bis Schulmaterialien