Seiten: 55-62, Sprache: DeutschTränkmann, JoachimZiel dieser Untersuchung war es, den therapeutischen Zusammenhang zwischen orofazialen Dyskinesien und Dysgnathien zu prüfen. Dazu wurden Probanden nachuntersucht, die entweder vor oder während einer kieferorthopädischen Therapie myofunktionell behandelt wurden. Diese myofunktionelle Behandlung erfolgte nach dem Hannoveraner Konzept. Es zeigte sich, dass eine myofunktionelle Therapie vor der apparativen Kieferorthopädie im Hinblick auf das Erreichen eines zwanglosen Lippenschlusses und eines somatischen Schluckens sehr erfolgreich, hingegen bezüglich einer physiologischen S-Lautbildung weniger erfolgreich ist. Ein normaler Lippenschluss konnte bei 100 % der Patienten mit einer Angle-Klasse I, einer Angle-Klasse II,2 und einer Angle-Klasse III sowie bei 67 % mit einer Angle-Klasse II,1 erzielt werden. Ein somatisches Schlucken konnte bei 77 % der Patienten mit einer Angle-Klasse I, bei 85 % mit einer Angle-Klasse II,1 und bei 50 % mit einer Angle-Klasse II,2 erreicht werden; bei dem einzigen Patienten mit einer Angle-Klasse III verblieb das viszerale Schlucken. Für eine physiologische S-Lautbildung betrug die Erfolgsrate bei den Patienten mit einer Angle-Klasse I 36 % und bei denen mit einer Angle-Klasse II,1 50 %, wohingegen bei denen mit einer Angle-Klasse II,2 und dem einzigen Angle-Klasse III-Patienten kein Erfolg festzustellen war. Während der vertikale Schneidezahnüberbiss unter myofunktioneller Therapie zunahm, veränderten sich alle übrigen morphologischen Merkmale nicht statistisch nachweisbar. Der Therapieerfolg während der apparativen Kieferorthopädie konnte nicht anhand der eingetretenen Formveränderung erfasst werden, da myofunktionelle und apparative Wirkung nicht zu trennen sind. Es wurde aber mit Hilfe von metrisch ausgewerteten Palatogrammen erkannt, dass es zu einer deutlichen Besserung des Leerschluckens gekommen war, während sich das Aussprechen des S-Lautes nur geringfügig besserte. Dabei ließ sich insgesamt keine Abhängigkeit von der Angle-Klassifikation feststellen.
Schlagwörter: Dyskinesien, Dysgnathien, myofunktionelle Therapie, Palatogramme, Behandlungseffektivität