Seiten: 233, Sprache: DeutschSchultze-Mosgau, S. / Erbe, M. / Neukam, F. W.Zur Implantation im Unterkieferseitenzahnbereich wird bei einem vertikalen Knochenangebot von weniger als 7mm oberhalb des Nervenkanals und gleichzeitig ungenügendem interalveolärem Abstand für eine Auflagerungsosteoplastik die Nervverlagerung des N. alveolaris inferior empfohlen. In einer Häufigkeit von 0% bis 38% ist hierbei nach Angaben in der Literatur mit postoperativen Sensibilitätsstörungen des N. alveolaris inferior zu rechnen. Neben den klinischen Verfahren wie dem Spitz-Stumpf-Test und der Zweipunktdiskriminierung stellen die computergestützte "Pain and Thermal Sensitivity Test Method" (PATH-Testung) und die Ableitung von somatosensorisch evozierten Trigeminuspotentialen (SSEP) eine Möglichkeit zur Objektivierung von Sensibilitätsstörungen dar. Bei der PATH-Testung wird durch die Applikation von Temperaturreizen auf die thermosensiblen Nozirezeptoren der A-Delta- und C-Nervenfasern die Temperaturempfindung im Seitenvergleich gemessen. Durch den gemeinsamen Verlauf der Nervenfasern der Berührungs- und Schmerzempfindung mit den Nervenfasern der Temperaturempfindung kann entsprechend dem Ausmaß der reduzierten Thermästhesie klinisch sicher auf einen Sensibilitätsverlust geschlossen werden. Bei der Ableitung von SSEPs werden N1- und P1-Potentiale sowie die Amplitude der N1- und P1-Potentiale gemessen. Bei einer Sensibilitätsstörung des N. alveolaris inferior finden sich eine Latenzverzögerung der N1- und P1-Potentiale und eine Amplitudenreduktion N1/P1. Durch die quantitative Ermittlung der Temperaturempfindung mit dem PATH-Test und durch die qualitative Erfassung der Nervenleitung unter Zuhilfenahme der Ableitung von SSEPs ist eine objektive Beurteilung von postoperativen Sensibilitätsstörungen möglich. Während neben den klinischen Verfahren die PATH-Testung unmittelbar post operationem eingesetzt werden kann, läßt sich anhand von SSEPs meist erst ab der 4. postoperativen Woche eine Aussage machen. In jedem Fall können der Einsatz des PATH-Testes und die Ableitung von SSEPs neben dem Spitz-Stumpf-Test und der Zweipunktdiskriminierung zur Verlaufsbeurteilung einer Resensibilisierung empfohlen werden, wobei in Anbetracht der langsamen Nervregeneration Zeitintervalle von 3, 6 und 12 Monaten sinnvoll erscheinen.
Schlagwörter: N. alveolaris inferior, Sensibilitätsstörung, Nervlateralisation, PATH-Test, SSEP, Zweipunktdiskriminierung