Alter | 24 Jahre | ||
Geschlecht | weiblich | ||
Raucher | nein | ||
Anamnese | Allgemein-medizinisch gesund; karies- und füllungsfreies Gebiss; suffiziente Front- und Eckzahnführung | ||
Grund des Besuchs | Sorge wegen frühzeitigem Zahnverlusts aufgrund stark progredienten Verlaufs der singulären Rezessionen an 13 und 23; starke Hypersensitivitäten im Bereich der freiliegenden Zahnhälse | ||
Diagnose | Hohe Stressbelastung und Verspannungen der Kopf- und Nackenmuskulatur; Druckdolenz im Bereich des M. masseter beidseits; Gingivarezessionen in der Oberkieferfront | ||
Therapie | Modifizierter koronaler Verschiebelappen mit Bindegewebstransplantat vom Gaumen |
Die Untersuchung des Parodonts zeigte eine generalisiert dünne, jedoch absolut entzündungsfreie Gingiva mit unauffälligen Sondierungstiefen bei gleichzeitig sehr guter Mundhygiene. Im Bereich der Oberkieferfront stellten sich ausgedehnte Gingivarezessionen der Miller-Klasse II an den Zähnen 13 und 23 sowie eine leichte Rezession der Miller-Klasse I an Zahn 12 dar. Die Patientin gab an, zweimal täglich die Zähne mit einer normalen Handzahnbürste zu putzen und Zahnseide zu verwenden.
Initial erfolgte die Therapie der funktionellen Beschwerden. In enger Zusammenarbeit mit dem behandelnden Physiotherapeuten wurden die muskulären Verspannungen mit Massagen und einer Relaxierungsschiene behandelt. Des Weiteren erfolgte eine Prophylaxesitzung, in der die richtige, schonende Putztechnik zur Vermeidung von Rezessionen besprochen und geübt wurde. Nach 12 Wochen schloss sich die operative Korrektur der Gingivarezessionen an. Es erfolgte eine Schnittführung nach Zucchelli und de Sanctis, bei welcher die Inzision zur ausreichenden Mobilisation der Lappen auf die Nachbarzähne erweitert wurde. Zudem wurde der Bereich mit einem subepithelialen Bindegewebstransplantat vom Gaumen augmentiert. Die Abbildungen zeigen die mikrochirurgische Fixation der Transplantate und der Lappen nach koronaler Verschiebung.
Für die postoperative Phase wurde die Patientin angewiesen, das operierte Areal nicht zu putzen und die Mundhöhle zweimal täglich mit einer 1%igen Chlorhexidin-Mundspüllösung für 10 Tage zu desinfizieren. Zudem wurde für die ersten postoperativen Tage eine Gaumenverbandsplatte inseriert. Die Nahtentfernung erfolgte 14 Tage post operationem. Die gedeckten Bereiche zeigten eine deutliche Verdickung, die Gingiva war jedoch aufgrund der frühen Heilungsphase noch inhomogen in Farb- und Oberflächenstruktur.
12 Monate post operationem stellte sich die Patientin zur Reevaluation vor. Sie berichtete, dass die funktionellen Beschwerden (Hypersensitivitäten) nicht mehr vorhanden seien und dass sie regelmäßige Prophylaxesitzungen bei ihrem Zahnarzt wahrnehme. Die Abbildungen zeigen die vollständige Deckung der Rezessionen. Die Gingiva stellte sich deutlich verdickt dar und wirkte harmonisch in Form und Farbe.
Zusammenfassung | Im vorliegenden Patientenfall versprach die Ausdehnung der Rezessionen bis zur Mukogingivalgrenze bei Erhalt der interdentalen Weichgewebe eine gute Prognose für eine vollständige Deckung. Da apikal und lateral der Rezessionen nicht genügend keratinisiertes Gewebe vorlag, bestand eine Kontraindikation für die Präparation eines klassischen koronalen oder lateralen Verschiebelappens. Die Rezessionstiefe an den Eckzähnen und der Wunsch nach einem ästhetisch anspruchsvollen Ergebnis sprachen für eine Deckung mit Weichgewebsaugmentation ohne vertikale Inzisionen. Um eine ausreichende Mobilität des Lappens zu erzielen, wurde für beide Seiten ein modifizierter koronaler Verschiebelappen mit Bindegewebstransplantat vom Gaumen geplant. (Quelle Originalbeitrag: Hehn J, Fickl S. Deckung gingivaler Rezessionen – welche Technik ist wann indiziert? Quintessenz 2018;69(4): 378-387.) |