SupplementPoster 877, Sprache: Deutsch, EnglischSchurr, Alexander / Schäfer, Fabian / Weingart, DieterDie Osteopetrose (Marmorknochenkrankheit, Albers-Schönberg-Krankheit) ist eine in der Mehrzahl der Fälle genetisch determinierte Erkrankung, welche durch eine erheblich verminderte Funktion von knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) verursacht wird. Durch die ständige Anhäufung von Knochengewebe ist die Mikroarchitektur der knöchernen Strukturen stark beeinträchtigt, wodurch die mechanische Stabilität gemindert wird und es häufiger zu Knochenbrüchen kommt. Es werden autosomal dominant und autosomal rezessiv vererbte Varianten unterschieden, deren Krankheitsverläufe sich in Krankheitsbeginn, Manifestation und klinischem Verlauf deutlich unterscheiden.
Wir berichten über einen 58-jährigen Patienten, bei dem es im Rahmen einer bereits bestehenden Osteopetrose zu einer massiven Osteomyelitis im Bereich des Ober- und Unterkiefers mit Abszedierung, Fistelungen nach extraoral sowie einer ausgedehnter Weichteilbeteiligung kam und der uns nach erfolgloser Vorbehandlung in einem lybischen Krankenhaus zugewiesen wurde. Nach klinischer Untersuchung des Weichteilbefundes wurden im CT und DVT ausgedehnte ossäre Läsionen im Sinne einer floriden Osteomyelitis diagnostiziert. Betroffen waren grosse Teile des Ober- und Unterkiefers mit Beteiligung beider Jochbeine. Ebenfalls war die phlegmonöse Beteiligung aller umgebenden Weichteile erkennbar. Nebenbefundlich zeigten sich hierbei auch die typischen Zeichen der autosomal dominant vererbten Osteopetrose im Bereich der Gesichtsschädelknochen sowie der Halswirbelsäule ("Sandwichwirbel"). Laborchemisch fiel die für eine Osteopetrose typische Erniedrigung des Calciumspiegels auf. Die operative Sanierung des Befundes durch Entfernung des erkrankten Gewebes gestaltete sich aufgrund der Ausdehnung schwierig. Teilweise wurden zentimetergroße Sequester einschließlich der noch inkorporierten Zähne entfernt. Die reduzierte Heilungstendenz der ossären Strukturen führte zu einem schwierigen und langwierigen Krankheitsverlauf. Mehrere operative Eingriffe und intensive medikamentöse Begleittherapie führten jedoch zu einer Abheilung der Wunden, allerdings mit extremen Defektsituationen im Unterkiefer und der gesamten Mittelgesichtsregion.
Eine Osteomyelitis bei vorbestehender Osteopetrose kann nicht als typische Kompliaktion dieser angesehen werden, erschwert aber das chirurgische Management in erheblichem Umfang. Das Wissen um die Pathogenese der Grunderkrankung ist hierbei eine wichtige Voraussetzung für die Planung und Durchführung erfolgreicher operativer Schritte.
Schlagwörter: Osteopetrose, Osteomyelitis