KinderzahnheilkundeSeiten: 1221, Sprache: DeutschFrohne, J.Bekannt ist das Unterkieferdiastema nach Molarenextraktion infolge einer "Prämolarendistalwanderung". In der vorliegenden Fallstudie wird dagegen über das nicht extraktionsbedingte idiopathische Unterkiefer-Prämolarendiastema in der vollständigen Zahnreihe berichtet. Es handelt sich um einen Symptomenkomplex. Im Mittelpunkt steht der untere zweite Prämolar mit typischen morphologischen und topographischen Anomalien (Wurzelspitzenmesialkrümmung, Distoposition, Mesioangulation, meist auch Mesiorotation). Die Beobachtung von identischen Befunden bei einem Zwillingspaar weist auf Erbfaktoren hin. Das idiopathische Prämolarendiastema trat nur bei Frauen und meist links auf. Formalgenetisch konnten die Spätentwicklung und -einstellung eines distal gekippten P2-Keimes entlang der Mesialfläche eines unteren ersten Molaren nachvollzogen werden. Viele Merkmale dieses Diastemas werden zu den Mikrosymptomen gezählt. Topographische Leitsymptome (Distoposition, Rotation, Angulation) können bei sonstigen P2-Anomalien als Extremvarianten auftreten (Prämolarendistalwanderung, enossale Distalaberration, 90°-Rotation, Inversion). Das idiopathische Prämolarendiastema läßt sich in eine Sequenz von Stellungsmustern mit vergrößertem apikalem Prämolarenabstand einordnen. Metrische Kennzeichen sind ein vergrößerter Wurzelspitzenabstand und Prämolarenwinkel. Die beschriebenen P2-Stellungs- und Lageanomalien werden als Zeichen außergewöhnlicher, wohl zahnspezifischer Distal-, Rotations- und Angulationspotentiale unterer zweiter Prämolaren, besonders von Zahn 35, gewertet. Das Wissen um das idiopathische Prämolarendiastema kann u. a. hilfreich sein als Spur auf dem Weg der Vererbung sowie als Hinweis auf Zahnanomalien im selben Mund und bei nahen Verwandten.
Schlagwörter: Idiopathisches Prämolarendiastema, Mikrosymptome, unterer zweiter Prämolar, Prämolarendistalwanderung, Stellungsanomalie