Schwangere stellen in der Zahnarztpraxis eine besonders sensible Patientengruppe dar. Das zahnärztliche Team sollte daher über das nötige Wissen bei der Behandlung von schwangeren Patientinnen verfügen. Während der Schwangerschaft kommt es bei vielen Frauen aufgrund der hormonellen Veränderungen zu einer erhöhten Entzündungsneigung der Gingiva, die sich oftmals als ausgeprägte Gingivitis darstellt. Dies liegt nicht zuletzt an einer hormonell bedingt veränderten Immunantwort. Zudem kommt es über hormonsensitive Rezeptoren der Gingiva zu einem gesteigerten Gewebe- und Gefäßwachstum. Dies fördert die Entstehung von Pseudotaschen und eine erhöhte Blutungsneigung. Weiterhin kann im subgingivalen Biofilm bei Schwangeren auch ohne das Vorliegen einer Parodontitis die Zunahme parodontitisassoziierter bakterieller Spezies beobachtet werden. Die schwangerschaftsassoziierte Gingivitis nimmt bis ca. zum 8. Monat kontinuierlich zu. Eine vollständige Remission zeigt sich meist in den Wochen nach der Geburt, weshalb man sie auch als selbstlimitierend bezeichnet. Bei der Therapie liegt der Fokus auf einer effektiven Plaquekontrolle. Dabei spielt die Begleitung durch das zahnärztliche Team eine wichtige Rolle. Liegt während der Schwangerschaft eine unbehandelte Parodontitis vor, zeigt sich diese meist stärker progredient und wird darüber hinaus mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburten, einem niedrigen Geburtsgewicht und Präeklampsie in Verbindung gebracht. Es wird vermutet, dass hierfür parodontitisassoziierte Bakterien verantwortlich sind, die über die Blutbahn im Bereich der Gebärmutter und Plazenta zu Infektionen oder einer Entzündung führen und somit den Schwangerschaftsverlauf negativ beeinflussen. Ob durch eine Parodontitistherapie während der Schwangerschaft das Risiko für einen ungünstigen Schwangerschaftsverlauf reduziert werden kann, ist nicht vollständig geklärt. Aus den Ergebnissen von Interventionsstudien zog man bisher jedoch den Schluss, dass lediglich bei einem sehr hohen Risiko für eine Frühgeburt ein präventiver Effekt erzielt werden könnte. Dennoch gilt es, bei Vorliegen einer Parodontitis auch während der Schwangerschaft eine systematische Parodontitistherapie durchzuführen, um einer stärkeren Progression der Erkrankung entgegenzuwirken. Während die Therapiestufe 1 bereits im ersten Trimenon erfolgen kann, erscheint das zweite Trimenon als sicherster Zeitraum für die subgingivale Instrumentierung (Therapiestufe 2). Chirurgische Eingriffe (Therapiestufe 3) sind nach Möglichkeit auf die Zeit nach der Geburt zu verschieben. Abschließend sollte die Patientin nach der Schwangerschaft und ggf. erfolgter Therapiestufe 3 in eine regelmäßige unterstützende Parodontitistherapie integriert werden (Therapiestufe 4).
Schlagwörter: Schwangerschaft, Gingivitis, Parodontitis, Parodontitistherapie, Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, Präeklampsie