Hintergrund/Fragestellung: Eine lebenslang täglich durchgeführte Plaque- und Biofilmkontrolle ist Grundlage für stabile Mundgesundheit, die bei Menschen mit Pflegebedarf bisher nicht zufriedenstellend gelöst ist. Komplex ist die Situation durch verschiedene involvierte Gruppen: Menschen mit Pflegebedarf, die mit zunehmendem Alter und Komorbidität nicht mehr vollständig zur eigenen Mundpflege beitragen; Pflegepersonal, das die Mundpflege eines jungen Patienten substituieren kann, nicht aber die eines Menschen mit Risikofaktoren; Hausärzte sowie Zahnärzte und Praxisteam in der aufsuchenden Betreuung. Erschwerend hinzu kommt die durch diese Arbeitsgruppe definierte „Orale Transitionsphase des Alterns" als Risikofaktor hinzu, die im Sinnes eines kontinuierlichen allgemeinmedizinischen Abbaus auch einen mit steigendem Alter zunehmenden Abbau der Mundgesundheit darstellt. Die Evidenz zeigt für jede der Gruppen, dass durch Maßnahmen wie Schulungen oder Mundhygieneinterventionen wie delegiertes regelmäßiges professionelles Zähneputzen, die Mundgesundheit zumindest stabilisiert erhalten werden kann. Bis heute existiert aber kein beweisgestütztes langfristig erfolgreiches Betreuungsmodell, bei dem ein nachhaltig akzeptables Mundhygieneniveau erzielt werden konnte.
Methoden: Für das hier vorgestellte Projekt (Dauer voraussichtlich 3 Jahre) wurden für alle in die Mundpflege involvierten Berufsgruppen die bestehenden Rollenprofile, Verantwortlichkeiten, ein Qualitätsmanagement, die entsprechenden Standard Operating Procedures (SOPs) und die Etablierung von verpflichtenden Schnittstellen in Hinblick auf den jeweiligen Beitrag zur Mundhygiene für den Bezirk Westfalen-Lippe für Menschen mit Pflegebedarf neu definiert. Meilensteine sind halbjährliche Evaluationen der Mundhygienesituation, der Mundgesundheit, der Allgemeingesundheit und der Lebensqualität. Im Sinne eines selbstlernenden Systems werden nach jeder Zwischenevaluation Interventionen optimiert. Qualitative Berufsgruppen-spezifische Befragungen sowie gesundheitsökonomische Interventionen werden das Projekt begleiten.
Erwartete Ergebnisse: Ziel ist die flächendeckende langfristige bedarfs- und risikoadaptierte Verbesserung der Plaque- und Biofilmkontrolle von Menschen mit Pflegebedarf mit langfristig positivem Nutzen für Mundgesundheit, Allgemeingesundheit und Lebensqualität.
Ausblick: Im Rahmen des Projektes werden langfristig Aufwand und klinischer Nutzen der beschriebenen interdisziplinären Mundhygieneinterventionen dokumentiert. Dies soll beitragen, ein sozialverträgliches Modell unter Beteiligung aller involvierten Berufsgruppen zu entwickeln. Das Projekt kann im Idealfall als Blaupause zur flächendeckenden Übertragung auf die interdisziplinäre Mundhygieneversorgung bei Menschen mit Pflegebedarf in Deutschland dienen.
Schlagwörter: Interdisziplinäre Gesundheitsversorgung, Rollenprofile Gesundheitsberufe, Schnittstellen, orale Transitionsphase des Alterns, Geriatrie, Seniorenzahnmedizin