EditorialPages 235, Language: GermanEickholz, Peter / Dannewitz, BettinaPages 239-253, Language: GermanLang, Niklaus P. / Lang, Kiri N.In den vergangenen Jahrzehnten wurden Patienten mit fortgeschrittener Parodontitis häufig durch die Extraktion zahlreicher kompromittierter Zähne behandelt, um diese durch orale Implantate zu ersetzen. Dieses therapeutische Vorgehen basierte jedoch oft nicht auf gesicherter wissenschaftlicher Evidenz und führte in vielen Fällen zu inadäquater Überbehandlung. Die vorliegende Arbeit demonstriert am Beispiel eines Patienten mit weit fortgeschrittener Parodontitis, wie durch gezielte und antimikrobielle Therapie der Erhalt der natürlichen Dentition ermöglicht und gleichzeitig die prothetische Rehabilitation erleichtert werden kann. Lediglich Zähne mit Attachmentverlust bis zum Apex, externer Wurzelresorption oder Karies in einer betroffenen Furkation wurden extrahiert. Dadurch konnte eine Rekonstruktion mit minimaler Implantatzahl realisiert werden – deutlich konservativer als bei radikaler Extraktionsstrategie. Der erfolgreiche Umgang mit der parodontalen Ausgangssituation beruhte maßgeblich auf der hohen Compliance des Patienten sowie der konsequenten Umsetzung eines strukturierten antimikrobiellen Therapiekonzepts. Die Dokumentation des Behandlungsverlaufs verdeutlicht, dass auch stark parodontal geschädigte Zähne bei kompetenter Therapie langfristig erhalten werden können und eine funktionelle sowie ästhetische Rehabilitation ermöglichen.
Keywords: generalisierte Parodontitis, Stadium III, Grad C, Extraktion nicht erhaltungswürdiger Zähne, nichtchirurgische Therapie, antimikrobielle Therapie, regenerative Therapie, Implantatchirurgie, postoperative Betreuung
Pages 255-262, Language: GermanEickholz, Peter / Göde, Moritz / Nickles, Katrin / Koch, Raphael / Kocher, Thomas / Lorenz, Katrin / Kim, Ti-Sun / Meyle, Jörg / Kaner, Dogan / Schlagenhauf, Ulrich / Harks, Inga / Ehmke, BenjaminIn welchen Fällen ist es sinnvoll, zusätzlich zur nichtchirurgischen Parodontitistherapie systemisch Antibiotika zu geben?Es existiert eine beeindruckend lange Liste von randomisierten klinisch kontrollierten Studien (RCTs), die beim Vergleich von subgingivaler Instrumentierung (SI) mit und ohne adjuvante Gabe systemischer Antibiotika (AB) signifikant bessere Ergebnisse für die systemische Verwendung von AB zeigen. Dennoch gibt die aktuelle Leitlinie der European Federation of Periodontology (EFP) und der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) zur Therapie von Parodontitis der Stadien I, II und III von 2020 eine starke Empfehlung gegen die routinemäßige Verwendung von AB. Die dramatische Zunahme mikrobieller Resistenzen gegen Antibiotika macht es notwendig, die Verwendung von Antibiotika in Medizin und Zahnmedizin auf das notwendige Maß zu beschränken („Antibiotic Stewardship“). Die bisher größte RCT zum Vergleich von SI mit und ohne adjuvante Gabe systemischer AB (ABPARO-Studie) mit etwa 500 Teilnehmern kam 2015 zu derselben Empfehlung. Explorative Auswertungen der ABPARO-Daten wurden im Nachgang (2019, 2023) unternommen, um die Patientengruppen zu identifizieren („Precision Dentistry“), die nicht nur signifikant, sondern auch klinisch relevant mehr von AB profitieren. Dabei wurden Patienten mit Parodontitis, generalisiert, Stadium III, Grad C, als die Gruppe identifiziert, die am ehesten für die adjuvante Gabe systemischer Antibiotika infrage kommen.Erstpublikation: Spitzenforschung in der Zahnheilkunde. Innovationen und Auszeichnungen 2024, hrsg. von der ALPHA Informations-GmbH, Lampertheim, 2024:6–12. (Engl. Originalfassung: Eickholz P et al.15.)
Keywords: ABPARO-Studie, systemische Gabe von Antibiotika adjuvant zu subgingivaler Instrumentierung, „Antibiotic Stewardship“, klinische Relevanz
Pages 265-277, Language: GermanWinkler, Patrizia C. / Benz, Leander / Nickles, Katrin / Petsos, Hari C. / Eickholz, Peter / Dannewitz, BettinaEin retrospektiver Vergleich von zwei KonzeptenZiel der vorliegenden Arbeit war der retrospektive Vergleich von zwei Entscheidungswegen für den begleitenden Einsatz von systemischen Antibiotika bei der nichtchirurgischen Parodontaltherapie: der eine basiert auf dem Nachweis von Aggregatibacter actinomycetemcomitans (Aa), der andere auf Alter und Schweregrad der Parodontitis (Alter & ST). Bewertet wurde zudem der zusätzliche Nutzen von Antibiotika im Hinblick auf die Verringerung der Notwendigkeit einer weiterführenden chirurgischen Therapie. Alle Patienten der Abteilung für Parodontologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, die zwischen 2009 und 2018 behandelt wurden, wurden daraufhin überprüft, ob eine mikrobiologische Untersuchung durchgeführt worden war. Die Patienten wurden anhand ihres mikrobiologischen Ergebnisses (Aa±) und ihrer demografischen/klinischen Daten (Alter & ST±) kategorisiert. Die Übereinstimmung bei der Indikation für die Gabe von Antibiotika wurde geprüft. Die klinische Bewertung konzentrierte sich auf die Zahnzahl mit Sondierungstiefen (ST) ≥ 6 mm. Die Analyse von 425 Patienten ergab, dass 30 % als Alter & ST+ und 34 % als Aa+ eingestuft wurden. Dreiundsechzig Prozent der Patienten erhielten übereinstimmende Antibiotikaempfehlungen (Phi-Koeffizient 0,14; p = 0,004). Bei den Patienten der Gruppe Alter & ST+, die Antibiotika erhielten, war die Anzahl der Zähne mit ST ≥ 6 mm nach der nichtchirurgischen Parodontitistherapie am stärksten reduziert. Beide Strategien führten zu einer signifikanten klinischen Verbesserung im Vergleich zu denjenigen ohne Antibiotikabehandlung und schränkten den Antibiotikaeinsatz in ähnlicher Weise ein, zielten aber auf unterschiedliche Patientengruppen ab. Jüngere Patienten mit schwerer Parodontitis profitierten am meisten von der Antibiotikabehandlung, wodurch sich die Notwendigkeit zusätzlicher Operationen verringert. Die Studie wurde in einem internationalen Studienregister angemeldet (Deutsches Klinisches Studienregister Nummer DRKS00028768, Registrierungsdatum 27. April 2022, https://drks.de/search/en/trial/DRKS00028768). Übersetzung der Originalpublikation: Winkler PC, Benz L, Nickles K, Petsos HC, Eickholz P, Dannewitz B. Decision-making on systemic antibiotics in the management of periodontitis: A retrospective comparison of two concepts. J Clin Periodontol 2024;51: 1122–1133; mit freundlicher Genehmigung der Autoren.
Keywords: adjunktive Gabe systemisch wirksamer Antibiotika, EFP-S3-Leitlinie zur Behandlung von Parodontitis Stadium I–III
Pages 279-291, Language: GermanBenz, Leander / Winkler, Patrizia / Dannewitz, Bettina / Nickles, Katrin / Petsos, Hari / Aldiri, Talal / Eickholz, PeterEine retrospektive AnalyseZiel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung des zusätzlichen Nutzens der adjuvanten systemischen Gabe von Antibiotika (AB) zur subgingivalen Instrumentierung (SI) bei Parodontitis im Stadium III und IV, Grad B und C, bei Patienten mit Nachweis von Aggregatibacter actinomycetemcomitans. Patienten der Poliklinik für Parodontologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main wurden dafür gescreent, ob zwischen 2008 und 2018 eine mikrobiologische Testung durchgeführt worden war. Alle Patienten mit aggressiver und generalisierter schwerer chronischer Parodontitis wurden mikrobiologisch untersucht sowie bei Nachweis von A. actinomycetemcomitans in subgingivaler Plaque mit SI plus AB behandelt (AB). Alle anderen Patienten erhielten SI ohne AB (nAB). Klinische Untersuchungen wurden vor (T0), 12,4 (9,4/15,1) Wochen nach SI (T1) und bei der letzten unterstützenden Parodontitistherapie (T2; 3,1 [1,4/5,5] Jahre nach T1) durchgeführt. Fälle, die ≤ 4 Stellen mit Sondierungstaschentiefen ≥ 5 mm zu T1/T2 aufwiesen, wurden als „Treat-to-Target“-Endpunktfälle bewertet. Bei 425 Patienten (280 Stadium III/145 Stadium IV; 95 Grad B/330 Grad C) konnten vollständige Daten (AB 144/nAB 281) für T0 und T1, bei 332 (AB 121/nAB 211) für T2 erhoben werden. Bis zum Zeitpunkt T1/T2 führte AB bei 53 (37 %)/76 (63 %) der Patienten zu einem „Treat-to-Target“-Endpunkt, nAB bei 76 (27 %)/91 (43 %) (p = 0,038/0,001). Bei Parodontitis im Stadium III und IV, Grad B und C, mit subgingivalem Nachweis von A. actinomycetemcomitans führte die SI mit AB zu einer höheren Rate an „Treat-to-Target“-Endpunktfällen als die exklusive SI bei Patienten ohne A. actinomycetemcomitans.Übersetzung der Originalpublikation: Benz L et al. Additional benefit of systemic antibiotics in subgingival instrumentation of stage III and IV periodontitis with Aggregatibacter actinomycetemcomitans: A retrospective analysis. J Clin Periodontol 2023;50: 684–693.
Keywords: subgingivale Instrumentierung, begleitende systemische Antibiotika, „Treat-to-Target“-Endpunkt
Pages 293-306, Language: GermanStolte, Kim N. / Solimani, Farzan / Dommisch, HenrikOrales Schleimhautpemphigoid: Management und Integration in die parodontale BehandlungsstrategieDie Therapie der Parodontitis erweist sich bei Patienten mit zusätzlichen chronischen Erkrankungen der Mundschleimhaut als besonders herausfordernd. Im vorliegenden Artikel wird die Behandlung einer Patientin mit Parodontitis und oralem Schleimhautpemphigoid (SHP) beschrieben, einer seltenen Autoimmunerkrankung, die subepitheliale Blasenbildung und erosive Veränderungen der Mundschleimhaut verursacht. Das Fallbeispiel zeigt, dass durch die Kombination aus nichtchirurgischer und chirurgischer Parodontitistherapie sowie einer topischen Glukokortikoidbehandlung eine signifikante Reduktion der Entzündungsparameter und eine Verbesserung der Mundgesundheit erreicht werden konnten. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtungsweise bei Patienten mit Parodontitis, insbesondere wenn weitere autoimmunbedingte Grunderkrankungen mit oralen Manifestationen vorliegen, da diese das Therapieergebnis entscheidend beeinflussen können.
Keywords: Parodontitis, Schleimhautpemphigoid, Autoimmunerkrankung, Mundschleimhaut, Blasenbildung, Glukokortikoide, Parodontitisbehandlung, Entzündung, Barriere, Immunpathologie
Pages 307-314, Language: GermanHoltfreter, Birte / Conrad, Elena / Kocher, Thomas / Baumeister, Sebastian-Edgar / Völzke, Henry / Welk, AlexanderErgebnisse der Study of Health in Pomerania (SHIP-TREND)Der vorliegende Beitrag untersucht, ob Hilfsmittel zur Zahnzwischenraumreinigung einen Einfluss auf orale Endpunkte (interdentale Plaque- und Blutungsindizes, Schweregrad interdentaler Parodontitis, Anzahl kariesgesunder interdentaler Zahnflächen und fehlender Zähne) nach 7 Jahren haben. Verwendet wurden die Daten der 7-Jahres-Nachverfolgung von 2.224 Teilnehmern aus der Study of Health in Pomerania (SHIP-TREND). Zur statistischen Auswertung wurden lineare und ordinale logistische Modelle mit Adjustierung für Confounding und Selektionsbias durch „Inverse Probability Treatment Weighting“ und multiple Imputation herangezogen. Die Wahrscheinlichkeit höherer interdentaler Plaque-Werte (iPlaque) war bei Zahnseideanwendern um 32 % geringer als bei Nichtanwendern (Odds Ratio [OR] = 0,68; 95-%-Konfidenzintervall [KI]: 0,50–0,94); die Verwendung von Zahnseide führte zu 5 % geringeren mittleren iPlaque-Werten. Die Effekte auf die interdentalen Werte von Blutung auf Sondieren (iBAS), die mittlere interdentale Sondierungstiefe und den mittleren interdentalen Attachmentlevel waren richtungskonsistent, aber statistisch nicht signifikant. Die Verwendung von Zahnzwischenraumbürstchen war mit geringeren iPlaque- (OR = 0,73; 95-%-KI: 0,57–0,93) und iBAS-Werten (OR = 0,69; 95-%-KI: 0,53–0,89) in der 7-Jahres-Nachuntersuchung assoziiert. Mittels Change-Score-Analysen konnte zudem gezeigt werden, dass die Verwendung von Zahnseide die Inzidenz von Zahnverlusten (Inzidenzrate [IRR] = 0,71) im Vergleich zu verneinter Verwendung von Zahnseide reduzierte. Während die Verwendung von Hilfsmitteln zur Zahnzwischenraumreinigung bei Teilnehmern mit Parodontitis eine höhere Effektivität bzgl. der Reduktion der iPlaque-Werte zeigte, war die Reduktion der Werte für iBAS bei Teilnehmern ohne oder mit leichter Parodontitis stärker ausgeprägt. Die Analysen deuten nicht darauf hin, dass der Einsatz von Hilfsmitteln zur Zahnzwischenraumreinigung die Kariesprogression beeinflusst. Die zahnärztliche Empfehlung zur Verwendung von Zahnseide und Zahnzwischenraumbürsten stellt einen Ansatz zur Vorbeugung von Gingivitis und folglich Parodontitis dar. Originalpublaktion: Spitzenforschung in der Zahnheilkunde. Innovationen und Auszeichnungen 2024, hrsg. von der ALPHA Informations-GmbH, Lampertheim, 2024:32–38.
Keywords: prospektive Kohortenstudie, Zahnseide, Zahnzwischenraumreinigung, Parodontitis, Karies, Zahnverlust
Pages 315-318, Language: GermanHoltfreter, BirteGlossar der Grundbegriffe für die PraxisPages 319-325, Language: GermanEickholz, Peter / Holtfreter, Birte / Kocher, ThomasEpidemiologie parodontaler ErkrankungenZeitschriftenreferatePages 327-333, Language: GermanRüdiger, Stefan G.Zusammenfassungen von interessanten parodontologischen Artikeln aus internationalen Zeitschriften und DissertationenFortbildungPages 335-336, Language: GermanSonnenschein, Sarah KristinBDDH NewsPages 339-341, Language: GermanBDDHKongressberichtPages 343-350, Language: GermanSchildhauer, Katharina / Adam, Aysegül / Remé, Ivy / Bruns, Anni / Kuzmanova, Denica / Dommisch, Henrik