Der Begriff Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit fast allgegenwärtig. In den letzten Jahren wurden in diesem Querschnittsfeld aus Informatik, Ingenieurswissenschaften und Angewandter Mathematik enorme Fortschritte erzielt. Gerade im Bereich des Maschinellen Sehens (z. B. Bildanalytik, Bildklassifikation, Objektdetektion etc.) findet KI schon heute in unserem Alltag vielfach statt. Auch in der Medizin sind in den letzten Jahren diverse KI-Anwendungen entwickelt worden, mit teilweise erstaunlichen Ergebnissen. Allerdings stellen sich bereits hier erste Fragen zur Belastbarkeit, Generalisierbarkeit und Transparenz dieser KI-Anwendungen. Auch in der Zahnmedizin rücken KI-Anwendungen immer mehr in den Fokus wissenschaftlicher Fragestellungen und klinischer Forschung: Zahlreiche KI-Anwendungen zur Detektion von Zähnen, Restaurationen, Karies und apikalen Läsionen werden zurzeit entwickelt und deren Vorhersagequalität in den einschlägigen Zeitschriften berichtet1. Auch hier wird allerdings momentan nur geringes Augenmerk auf Validität und Robustheit gelegt2. Für den Parodontologen bietet KI-gestützte Bildanalytik zahlreiche Chancen. Die automatisierte Vermessung von Knochenverlust auf Röntgenbildern, die KI-basierte Charakterisierung von Knochendefekten oder auch die Verknüpfung von erhobenen Bilddaten mit Anamnese-, klinischen und weiteren Daten sind vielversprechend. KI-Technologien und der Rückgriff auf Daten („Datenzahnmedizin“) versprechen eine präzisere, personalisierte, präventivere und partizipative Parodontologie3. Der vorliegende Artikel vermittelt Grundkenntnisse zu KI, KI-gestützter Bildanalytik und den Chancen dieser Anwendungen für die Zahnmedizin und im Speziellen für die Parodontologie. Er weist aber auch auf die zahlreichen Herausforderungen in diesem Forschungsfeld hin und soll Zahnärzte in die Lage versetzen, KI-Softwarelösungen besser zu beurteilen. Der Zahnarzt von morgen benötigt kritische Augen und „Datenkompetenz“ (Data Literacy), um robuste und zuverlässige KI-Lösungen von weniger robusten, fehleranfälligen Lösungen unterscheiden zu können.
Manuskripteingang: 07.09.2020, Annahme: 02.10.2020
Schlagwörter: Diagnostik, Maschinelles Lernen, Parodontologie, Röntgenologie, Therapieplanung, Vorhersagemodelle