Das Marcus-Gunn-Syndrom, oder die mandibulopalpebrale Synkinese, ist eine angeborene Mitbewegung des Oberlids beim Öffnen des Mundes. Ursache ist eine paradoxe ipsilaterale Innervation zwischen Lidheber und dem Musculus pterygoideus lateralis. Klinisch zeigt sich eine Ptosis des betroffenen Augenlides, die sich im Moment der Mundöffnung aufhebt.
Das inverse Marcus-Gunn-Phänomen beschreibt einen ipsilateralen Lidschluss bei Kontraktion des Musculus pterygoideus lateralis. Die Kombination beider Phänomene wird auch als „See-Saw“ Marcus Gunn-Syndrom bezeichnet. Hier handelt es sich um einen angeborenen Zustand, der bei Mundöffnung einseitig zum Anheben des Oberlids und zum Absenken des Oberlids auf der Gegenseite führt. Dieser Zustand gilt als eine extreme Rarität.
In diesem Fallbericht zeigen wir eine zwanzigjährige Frau, die von Geburt an erkrankt ist. In Ruhe zeigt sich eine unvollständige Ptosis des rechten Auges. Bei Mundöffnung hebt sich das rechte Lid unwillkürlich an und das linke obere Augenlid senkt sich fast vollständig. Darüber hinaus zeigt sie eine beidseitige unwillkürliche Pupillenbewegung nach links kaudal. Eine kausale Therapie ist bisher nicht bekannt, eine genetische Beratung wird empfohlen. Therapieansätze beziehen sich auf selbstständiges bewusstes Training des fehlinervierten Lides vor dem Spiegel, in schweren Fällen können operative Korrekturen erwogen werden.