Seiten: 187-190, Sprache: DeutschMeierhöfer, RudolfObwohl die Zunge das größte Organ in der gesamten Mundhöhle darstellt, spielt sie diagnostisch in den meisten Zahnarztpraxen kaum eine Rolle. Ganz anders ist dies in vielen östlichen Medizinsystemen. In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) ist die Zungenbetrachtung und die diagnostische Interpretation von Zungenveränderungen ein sehr wichtiger anamnestischer Teilbereich des gesamten Medizinsystems. Einen ähnlichen Stellenwert hat die Zunge als essentielles Diagnoseverfahren auch in Indien, Tibet und in der arabischen Welt. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war auch in unserer westlichen Medizin die Beobachtung der Zunge ein fest integrierter Bestandteil von ärztlichen Untersuchungen. Allerdings wurde dabei sehr wenig dokumentiert und auch die erhobenen Verdachtsbefunde eher selten schriftlich festgehalten. Das ist auch der Grund, weshalb in unserer westlichen Medizin Lehrmaterial weitgehen fehlt und so viele der diskreten Hinweise von Zungenveränderungen auf spezifische Erkrankungen im Körper nicht beachtet werden.