AllgemeinmedizinSeiten: 1115-1122, Sprache: DeutschKramer, Hans-HeinerRadikal geänderte Empfehlungen zur EndokarditisprophylaxeIn der Vergangenheit wurde einer sehr großen Zahl von Patienten mit angeborenen oder erworbenen Herzfehlern vor allem bei zahnärztlichen, aber auch bei einer Vielzahl anderer Eingriffe wegen der dabei auftretenden Bakteriämie empfohlen, zur Prophylaxe einer bakteriellen Endokarditis kurz vorher ein Antibiotikum einzunehmen. Der kritische Punkt dieser Praxis bestand darin, dass sie nicht evidenzbasiert war, sondern auf Expertenmeinungen und partiell auf Tierversuchen fußte. Prospektive, randomisierte und placebokontrollierte wissenschaftliche Studien, die den heutigen Ansprüchen genügen, lagen und liegen nicht vor, so dass die Wirksamkeit der Endokarditisprophylaxe beim Menschen nie bewiesen wurde. Nachdem die American Heart Association 2007 aus diesen Gründen erhebliche Änderungen ihrer bisherigen Leitlinien publiziert hatte, wurde in einem von mehreren deutschsprachigen Fachgesellschaften erarbeiteten Positionspapier ebenfalls eine Prophylaxe nur noch bei so genannten Hochrisikopatienten empfohlen. Dies erleichtert nach einer verständlichen Phase der Verunsicherung langfristig die bisher nicht unproblematische Praxis der Durchführung der Endokarditisprophylaxe speziell im Kindesalter.
Schlagwörter: Bakterielle Endokarditis, Bakteriämie, Hochrisikopatienten, Antibiotikaprophylaxe