GasteditorialSprache: DeutschAkute Schmerzen haben für den Menschen eine lebenserhaltende Funktion. Bei chronischen Schmerzen ist diese Warnfunktion verloren gegangen, der Schmerz ist zum eigenständigen Krankheitsbild geworden. Dies stellt den Behandler häufig vor das Problem, zum einen beide Entitäten gegeneinander abzuwägen und -grenzen. Zum anderen besteht die Gefahr, durch die zahnärztliche Behandlung zu einer Verstärkung der Beschwerden (wiederholte invasive Behandlungen) oder Verschlechterung des funktionellen Zustands (Extraktion von Zähnen) beizutragen. Viel zu oft wird auf der Grundlage eines veralteten Schmerzverständnisses bei Patienten und Zahnärzten (Reiz-Reaktionsprinzip) zu lange oder ausschließlich nach lokalen und somatischen Ursachen für die Beschwerden gesucht. Dabei ist es häufig bereits aufgrund von neuroplastischen Veränderungen zu einer peripheren und/oder zentralen Sensitivierung gekommen. Diese Mechanismen klinisch zu detektieren und bei der Behandlungsplanung zu berücksichtigen ist häufig nur durch ein interdisziplinäres Vorgehen zu erreichen. Neurophysiologische Tests, eine sorgfältige biografische Anamnese und schmerztherapeutische Maßnahmen (nicht medikamentöse und ggf. medikamentöse) sind dazu geeignet, zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen zu ermöglichen oder zu unterstützen.