BuchbesprechungSprache: DeutschTürp, Jens C.Andrea Dörries, Volker Lipp (Hrsg.). Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2015, ISBN 978–3–17–026084–9, 282 Seiten, 44,99 EuroHand aufs Herz: Haben Sie im Studium oder danach ausgiebige Kenntnisse zum Begriff der Indikation erworben? Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Ist das schlimm? Eigentlich schon. Aber Sie befinden sich in "bester Gesellschaft": "In gängigen medizinischen Lehrbüchern und Lexika kommt die ,medizinische Indikation' als grundlegende Legitimationsbedingung einer medizinischen Maßnahme oder eines ärztlichen Heileingriffs nicht vor", bemerken Andrea Dörris (Göttingen) und Volker Lipp (Hannover) in ihrem Vorwort. Nicht zuletzt angesichts der schleichenden Zunahme von Wunschbehandlungen – "Medizin ohne Ausrichtung auf die klassischen Ziele der Medizin" (Maio, S. 79) – ist diese Ignoranz ... ein Skandal. Denn unter Berücksichtigung (partizipatorische Entscheidungsfindung) des Willens des individuellen Patienten (Patientenautonomie) ist die medizinische Indikation die Voraussetzung für (zahn)ärztliches Handeln – in dem Bestreben, in einer konkreten Situation mit einer als angemessen und angezeigt erachteten medizinischen Untersuchungs- oder Therapiemaßnahme ein festgelegtes und legitimes Behandlungsziel zu erreichen. Dieses Ziel, so Heiner Raspe (Lübeck), ergibt sich "aus dem, was bei einem bestimmten Zustand klinisch zu erreichen möglich ist, aus ethischen und rechtlichen Normen und (in Grenzen) aus den Wünschen der Patienten." (S. 95). Giovanni Maio (Freiburg i. Br.) weist darauf hin, "dass die medizinische Indikation der Einwilligung des Patienten vorausläuft" (S. 74). Gerald Neitzke (Hannover) schlägt vor, "für Behandlungen mit geringer Erfolgswahrscheinlichkeit oder marginalem Zusatznutzen die Formulierung ,zweifelhafte bzw. fragliche Indikation' zu wählen" (S. 92).