ÜbersichtenDOI: 10.3238/dzz.2015.0089Sprache: DeutschSchwendicke, F.Bei der restaurativen Therapie kariöser Läsionen wird klassischerweise eine vollständige Entfernung infizierten und demineralisierten Dentins angestrebt; anschließend erfolgt die Restauration des Zahnes. Das damit verbundene Ziel, alle kariogenen Mikroorganismen zu entfernen, basiert auf einem Verständnis von Karies als Infektionserkrankung, deren Erreger (z.B. Streptococcus mutans) vollständig entfernt werden muss, um eine "Heilung" zu erwirken. Die zugrundeliegende "spezifische Plaquehypothese" ist jedoch in den letzten Jahrzehnten in Frage gestellt worden. Stattdessen wird Karies heute als Resultat eines ökologischen Ungleichgewichtes verstanden, bei dem ein aktiver kariogener Biofilm vor allem durch äußere Faktoren bedingt wird. So kann eine häufige Zufuhr fermentierbarer Kohlenhydrate dazu führen, dass azidogene (säurebildende) und azidurische (säuretolerierende) Bakterien innerhalb des Biofilms wettbewerbsfähiger werden und diesen schließlich dominieren. Basierend auf dieser "ökologischen Plaquehypothese" muss auch der beschriebene Ansatz bei der Kariesexkavation kritisch hinterfragt werden. So scheint eine vollständige Entfernung aller Mikroorganismen nicht nötig zu sein, da nicht die Anwesenheit und Zahl der Bakterien, sondern die Aktivität des Biofilms entscheidend für die Kariesentstehung und -progression ist, zudem ist durch eine rein mechanische Exkavation eine solche Bakterienfreiheit auch nur selten erreichbar [21, 23, 24, 51]. Eine Therapie, die ausschließlich auf die Entfernung kariösen Gewebes und dessen Ersatz zielt, nicht jedoch die Erkrankung "Karies" behandelt, kann als rein symptomatisch (im Sinne einer "palliativen" Therapie) angesehen werden.
Schlagwörter: partielle Exkavation, inkomplette Exkavation, selektive Exkavation, indirekte Überkappung, schrittweise Exkavation, Exkavationskriterien