Seiten: 115-122, Sprache: DeutschMorbach, Thomas / Kunkel, Martin / Nölken, Robert / Wagner, WilfriedNach dem dritten Altenbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2001 wird sich der Altersaufbau der Bevölkerung von 1950 bis 2050 bei einer nahezu identischen Bevölkerungszahl umgekehrt haben: Im Jahr 2050 wird es mehr als doppelt so viele ältere (über 59-Jährige) wie jüngere (unter 20-Jährige) Menschen geben - die Bevölkerungspyramide steht auf dem Kopf! In den Vorausberechnungen der Vereinten Nationen stehen in Europa die Deutschen zusammen mit den Italienern (34,2 %) mit dem Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung an höchster Stelle. Der DMFT-Wert bei den 65- bis 74-Jährigen beträgt 23,6. Naturgesunde Gebisse sind bei lediglich 0,3 % der untersuchten Senioren zwischen 65 und 74 Jahren vorhanden. Abnehmbarer Zahnersatz wurde bei 65 % der teilbezahnten Senioren eingegliedert, über 10 % tragen ihre Prothesen länger als 15 Jahre1. Hier ergeben sich aus der Sicht der Implantologie im Sinne einer vollständigen bzw. partiellen prothetischen Rehabilitation oder zumindest Verbesserung der bestehenden Situation viele Möglichkeiten. Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, auch beim alten Menschen Implantate zu setzen. Es sind jedoch neben der Erhöhung der Lebensqualität sowie funktionellen und strukturerhaltenden Aspekten auch die angesprochenen Komorbiditäten und speziellen Risikofaktoren im höheren Alter zu bedenken. So hat beispielsweise ein Großteil der Senioren Beläge auf den Zähnen und den Prothesen. Die Entzündungen des Zahnhalteapparats sind häufiger als bei den Jüngeren, fast jeder Vierte weist Taschentiefen über 6 mm auf. Zusätzlich kommt es neben einer generalisierten Atrophie der Muskulatur auch zu einer Atrophie der Kaumuskulatur. Ebenso verliert die Muskulatur an "Feinkoordination", das heißt, die Bewegungen werden gröber, wie sich zum Beispiel auch an der Handschrift zeigt. Auch die Schleimhaut der zahnlosen Kieferkammabschnitte erfährt Altersveränderungen: Sie verliert an Feuchtigkeit und Elastizität, was sie mechanisch geringer belastbar macht. Oft wird eine Mundtrockenheit beobachtet, die meist auf die Medikation von Antihypertonika oder Antidepressiva zurückzuführen ist. Der Einfluss dieser speziellen Risikofaktoren und Komorbiditäten auf die Implantologie sowie die hieraus resultierenden Risiken für ältere Patienten sollen in diesem Beitrag erörtert werden.
Schlagwörter: Alter, Implantation, Komorbidität, Zahnersatz, Geriatrie, Altersmedizin