Einführung: Eine evidenzbasierte, ausgewogene Diskussion der Fakten zur Senkung des Infektionsrisikos während der SARS-CoV-2-Pandemie durch aerosolkontrollierende Maßnahmen in der zahnärztlichen Praxis wurde bisher nicht vollumfänglich geführt. Im Folgenden soll deshalb über den derzeitigen Stand des Wissens zu Spraynebel und Aerosolkontrolle in den Räumen zahnmedizinischer Einrichtungen berichtet werden, um Schlussfolgerungen zur Risikominimierung von aerogen übertragbaren Infektionserkrankungen in der Praxis zu präsentieren.
Methode: Es werden die Ergebnisse von Studien mit unmittelbarem Bezug zur Spraynebel- und Aerosolkontrolle in der zahnärztlichen Praxis sowie Empfehlungen aus Veröffentlichungen einschließlich nationaler Stellungnahmen und Leitlinien für die Zahnmedizin in einem narrativen Verfahren diskutiert.
Ergebnisse: Die Entscheidungsfindung in den frühen Phasen der SARS-CoV- 2-Pandemie wurde durch die sehr eingeschränkte Evidenzlage erschwert, konnte aber mit zunehmender Pandemiedauer durch publizierte Erkenntnisse zur Spraynebel- und Aerosolkontrolle in der Raumluft zahnmedizinischer Einrichtungen verbessert werden. Die Studienergebnisse zum routinemäßigen Einsatz dentaler Absauganlagen können genutzt werden, um Grenzen ihrer Wirksamkeit im Rahmen der Aerosolreduktion zu spezifizieren. Ebenso zeigen die Erkenntnisse zur ubiquitär verfügbaren natürlichen Raumlüftung sehr hohe stündliche Luftwechselraten (LWR) von bis zu 40 bei ständiger Querlüftung unter optimaler Raumgeometrie mit gegenüberliegenden Fenstern, wohingegen für dezentrale mobile Luftreinigungsgeräte (DMLR) nur ein begrenzter zusätzlicher Effekt bei der Reduktion kleinerer Aerosolpartikel im Behandlungszimmer erwartet werden kann.
Diskussion: Für einen optimierten Infektionsschutz in der Zahnmedizin ist neben der natürlichen Raumbelüftung und der Einhaltung aller bekannten Hygienerichtlinien der Gebrauch der intraoralen Absaugung (hochvolumige Anlage (HVE) mit einem Saugvolumen > 250 l/min) unter Verwendung einer ausreichend groß dimensionierten Saugkanüle (Öffnung ≥ 10 mm), nah am aerosolgenerierenden Behandlungsfeld positioniert, obligatorisch. Aus Übertraklinischer Sicht bieten ergänzend eingesetzte DMLR bei aerosolgenerierenden Tätigkeiten keinen oder nur einen geringen zusätzlichen Reduktionseffekt. Der Raumluftaustausch durch die natürliche Raumlüftung in Kombination mit einer HVE-Anlage zeigt einen hohen Wirkungsgrad und stellt weiterhin das Standardprozedere in der zahnärztlichen Praxis dar. Zukünftige Untersuchungen müssen klären, ob in Ausnahmesituationen mit hohem Infektionsrisiko, wenn beispielsweise keine intraorale Absaugung zur Anwendung kommt oder Schutz-/Hygienemaßnahmen nur eingeschränkt eingehalten werden können, DMLR-Geräte mit LWR ≥ 6 eine Ergänzung darstellen können.
Schlussfolgerung: Etablierte Hygienekonzepte und Schutzmaßnahmen einschließlich der Raumlüftung mit Frischluft haben sich auch während der SARS-CoV-2-Pandemie in der zahnärztlichen Praxis als ausreichend wirksam bewährt.
Schlagwörter: aerogen übertragbare Infektionskrankheiten, Aerosol, Leitlinien, SARS-CoV-2