Tiefe intraossäre parodontale Defekte bergen ein erhöhtes Risiko für entzündliche Rezidive mit einem weiteren Voranschreiten des Stützgewebeverlusts und infolgedessen letztendlich auch für Zahnverluste. Bei der Behandlung intraossärer Defekte steht heutzutage neben der zunächst erforderlichen bestmöglichen Infektionsbeseitigung die regenerative Therapie im Mittelpunkt des Interesses, um durch neu gewonnenes Attachment die Langzeitprognose dieser Zähne wieder zu verbessern. In der Vergangenheit wurden in der Literatur unterschiedliche Therapieansätze für die Erzielung einer parodontalen Regeneration vorgeschlagen. Die heute zur Verfügung stehende histologische Evidenz sowie die aus verschiedenen aktuellen Metaanalysen gewonnenen Daten deuten darauf hin, dass unter klinischen Bedingungen sowohl die gesteuerte Geweberegeneration (GTR: Guided tissue regeneration) mit zellokklusiven Membranen als auch die Applikation von Schmelz-Matrix-Proteinen (EMD: Enamel matrix derivative) die beiden derzeit wissenschaftlich abgesicherten Verfahren zur Erzielung einer parodontalen Regeneration in tiefen intraossären Defekten (knöcherne Defekttiefe ≥ 3 mm) darstellen. Für beide konnten signifikant größere klinische Attachmentgewinne im Vergleich zur alleinigen Anwendung eines Zugangslappens gefunden werden. Die Metaanalysen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den mit GTR und Schmelz-Matrix-Proteinen erzielten Ergebnissen nachweisen. Insbesondere bei ausgedehnten, komplexen intraossären Defekten mit gefährdetem Raumerhalt konnten durch die zusätzliche Verwendung von deproteinisiertem bovinem Knochenmaterial sowohl die mit Schmelz-Matrix-Proteinen als auch die mit resorbierbaren GTR-Membranen erzielten Heilungsergebnisse weiter verbessert werden. Die in nahezu allen Studien beobachtete Heterogenität der Heilungsergebnisse reflektiert den Einfluss zahlreicher patienten-, defekt- und therapieabhängiger Einflussfaktoren. Dabei zeigte sich, dass papillenerhaltende Operationstechniken entscheidend dazu beitragen können, das Wundgebiet zu schützen und auf diese Weise das Regenerationsergebnis zu verbessern. In Langzeitstudien, die sich inzwischen bereits über einen Zeitraum von 20 Jahren und mehr erstrecken, erwies sich der durch die regenerativen Verfahren erzielte Attachmentgewinn als langfristig stabil unter der Voraussetzung, dass die bekannten parodontalen Risikofaktoren durch eine engmaschige Betreuung weiterhin konsequent unter Kontrolle gehalten werden. All diese zur regenerativen Therapie von intraossären Defekten gewonnenen Erkenntnisse spiegeln sich auch in der kürzlich von der European Federation of Periodontology (EFP) herausgegebenen und von den deutschen Fachgesellschaften implementierten S3-Leitline zur Therapie der Parodontitis der Stadien I–III wider.
Manuskripteingang: 22.03.2021, Annahme: 16.04.2021
Schlagwörter: parodontale Regeneration, parodontale Therapie/Chirurgie, intraossäre Defekte, gesteuerte Geweberegeneration, GTR, Membranen, Schmelz-Matrix-Proteine, EMD, Knochen, Knochenersatzmaterialien, Review, S3-Leitlinie